GameStar trauert um Rüdiger Steidle

Vergangenen Freitag ist unser ehemaliger Redakteur Rüdiger »Rüdi« Steidle verstorben. Ein persönlicher Nachruf an einen lieben Menschen, dem kein Auftrag und keine Waschmaschine zu schwer war.

Rüdi (dritter von rechts) auf dem Teamfoto der GameStar 031998. Rüdi (dritter von rechts) auf dem Teamfoto der GameStar 03/1998.

Wenn ihr schon mal umgezogen seid, kennt ihr das bestimmt: Niemand mag die alte Waschmaschine hochschleppen. Es sei denn, ihr habt Rüdi als Helfer. »Ich mach das schon!« – und schwupps hat er sich das Teil alleine auf den Rücken gewuppt und ist zwei Stockwerke damit hochgejoggt. Dass die olle Maschine noch ein Betongewicht hat, ist ihm egal. Da hätten auch noch fünf Liter Wasser plus Wäsche drin sein können, Rüdi macht das schon.

In rund 15 Jahren hat er mir bei vier Umzügen geholfen. Beim letzten wollte er nicht mal, dass ich ihm das Bahnticket für die 400 Kilometer zu mir bezahle – das musste ich ihm heimlich überweisen.

Macher im Hintergrund

Solche Aktionen waren typisch für Rüdi. Kurz nach Gründung der GameStar kam er Ende 1997 als Trainee zu uns, teilte sich ein Büro mit Mick Schnelle – so wie ich davor und Heiko Klinge danach. Trotz seiner kräftigen Hobbyboxer-Erscheinung blieb Rüdi lieber im Hintergrund.

Wortwörtlich: Wenn ihr ganz genau hinschaut, seht ihr ihn erstmals in Episode 3 von Raumschiff GameStar, als schwankenden Statisten am Ende des Flurs. Doch seine Rolle wurde schnell größer, er war sich auch für den peinlichen orangenen Overall plus nato-oliver Weste nicht zu schade, in die wir damals alle mal schlüpfen durften (bis auf Captain Langer, der trug grau).

Als Chef und Waschmaschinenbesitzer konnte man sich immer auf Rüdi verlassen. (Bild aus Raumschiff GameStar, Episode 5) Als Chef und Waschmaschinenbesitzer konnte man sich immer auf Rüdi verlassen. (Bild aus Raumschiff GameStar, Episode 5)

Bei Redaktionskonferenzen konnten wir uns immer auf Rüdis »Ich mach das schon!« verlassen. Auch wenn das noch mehr Überstunden oder Wochenendarbeit bedeutet hat. Er hat sich nie beklagt, ganz im Gegenteil – selbst im dicksten Stress hat er noch gute Laune verbreitet.

Ganz oben auf der Wunschliste

Im Frühjahr 2000 hat Rüdi die GameStar verlassen und bei der PC Games angeheuert. Trotzdem haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt – nicht nur bei Waschmaschinen-Schleppaktionen.

Denn Rüdi stand ganz oben auf meiner Wunschliste, als ich im Herbst 2004 Chefredakteur der neuen PC Power Play wurde. Ein Kollege, der ein echt umfangreiches Spielewissen mitbringt, auch doofe Aufgaben übernimmt, gute Laune verbreitet und bei Entwicklern, Publishern, Kolleginnen und Kollegen beliebt ist? Mehr kann man sich nicht wünschen!

Rüdi konnte man überall hinschicken – hier 2007 zu Paul Wedgwood von Splash Damage (Quake Wars). Rüdi konnte man überall hinschicken – hier 2007 zu Paul Wedgwood von Splash Damage (Quake Wars).

Aber ich musste auch ein bisschen aufpassen, dass er sich nicht übernimmt, sondern auch mal nein sagt. Nach dem Ende der PC Power Play habe ich Rüdiger immer wieder mal als Freelancer für GameStar-Sonderhefte angeheuert, zum Beispiel für World of Tanks.

Da konnte er sich die Aufträge schon aussuchen, weil er mittlerweile als PR-Manager für einen Lautsprecherhersteller gearbeitet hat – und Spiele »nur noch« sein Hobby waren.

Der falsche Martin

So traurig es auch ist, einen Nachruf zu schreiben – ich muss beim Erinnern auch grinsen. Zum Beispiel über einen Anruf letztes Jahr: »Hier ist Rüdi, dein Rechner ist fertig!« Ich so: »Äh, ich habe keinen Rechner bestellt?« Und Rüdi: »Hoppla, dann hast du wohl einen Namensvetter in München. Schade, ich wollte dir einen guten Preis machen. Aber wenn du mal was brauchst, sag einfach Bescheid, guter Preis geht immer.«

Letzte Woche hat er mir noch gemailt. Ob ich für einen Kollegen das Elden-Ring-Sonderheft früher besorgen kann? Klar konnte ich. Er selbst wollte keins.

Und dann mailte er einen Satz, den wir alle immer gerne sagen oder schreiben: »Wir müssen uns mal wieder treffen. Ist viel zu lange her.« Daraus wird aber nie was, weil irgendwas anderes wichtiger ist.

Bis es nicht mehr geht.

Am vergangenen Freitag, dem 21. Juni, ist Rüdiger Steidle plötzlich verstorben. Er wurde nur 48 Jahre alt.

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