Seite 6: Frauen über Sexismus: Activision Blizzard ist nur die Spitze des Eisbergs

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Sexismus: Ein stabiles System 

Der Sexismus in der Videospielindustrie ist auch deshalb so stabil, weil er die Asymmetrie zwischen Opfer und Täter umdeutet. Die Täter werden geschützt und die Opfer ziehen den Kürzeren. Die Blizzard-Mitarbeiterin berichtet: 

»Ich kenne viele Geschichten, in denen Betroffene sich auf der Suche nach Hilfe an die Personalabteilung wandten. Anstatt zu helfen, hat die Personalabteilung ihr Verschwiegenheitsversprechen gebrochen und sich gegen die Betroffenen gestellt. Oder die Vorfälle verharmlost, von wegen ›Jungs bleiben eben Jungs, stell dich nicht so an‹. Ich kenne auch Vorfälle, die wohl strafrechtlich relevant wären, wenn sie rauskämen. Aber darüber möchte ich aus Rücksicht auf die Betroffenen nicht sprechen.« 

Respekt ist in der Spieleindustrie ein männliches Wort. Davon weiß auch eine deutsche Spieleentwicklerin zu berichten, die international tätig ist und auch als Spielejournalistin arbeitet:  »Ich habe mehrfach erleben müssen, dass Chefs und Kollegen mir mit deutlich weniger Respekt begegneten als männlichen Angestellten und mich und meine Arbeit gezielt schlechtredeten.« Die Folgen dieser subtileren Form der Diskriminierung sind nicht weniger verheerend für die psychische und körperliche Gesundheit: 

»In einem Fall war es so extrem, dass ich aus einem Projekt aussteigen musste, um Schadensbegrenzung zu betreiben, weil mich das Arbeitsklima krankzumachen drohte.« 

»Wir wollen einfach nur Spiele machen«

Jede Frau in der Branche hat ihre ganz persönliche Horror-Story zu erzählen. Nathalie Lawhead scheint Recht zu behalten. Immerhin ein Gutes hat es: Der Elefant im Raum kann jetzt endlich nicht mehr ignoriert werden. So beschämend und traurig es ist: »Die öffentliche Entlarvung solcher kulturellen Defizite sind die Grundlage für Veränderung hin zu einer besseren, inklusiveren Spieleindustrie«, so Kate Edwards. Auch wenn das schon beinahe zynisch klingt, als würde man die Opfer auf diese Weise instrumentalisieren. 

Wie schlimm die Situation ist, ist einfach nur grotesk, meint Nathalie Lawhead. Das eigentlich Bizarre ist, dass sie über so lange Zeit als normal gelten konnte. Es ist dann auch ein schrecklich simpler Wunsch, den Lawhead zum Ende unseres Gesprächs nennt: 

»Ich würde mir wünschen, dass das einzige, um das wir uns sorgen müssten, wäre, gute Spiele zu machen. Und nicht, dass wir an Events der Spieleindustrie belästigt oder vergewaltigt werden. Ich habe kürzlich mit einer Kollegin gesprochen und wir haben darüber gelacht, dass wir doch einfach nur Spiele machen wollen. Wir wollen einfach nur coole Games machen, über das sprechen, was wir lieben und als die Künstlerinnen und Kreativen anerkannt werden, die wir sind.«

Selbstverständlichkeiten, zumindest für Männer in der Branche. Nicht so für Frauen und andere Minderheiten. Auch wenn nun viele Missstände an die Öffentlichkeit gelangen – für die Frauen ändert sich oft nichts. Schlimmer noch: Der Stempel des Opfers fügt den Betroffenen oft weiteren beruflichen Schaden zu. Lawhead muss das selbst erleben: 

»Es macht mich oft traurig, wie meine eigene #metoo-Geschichte verdreht wird. Den meisten Leuten bin ich bekannt als die Game Designerin, die von jemand Bekanntem vergewaltigt worden ist. Nicht für meine Arbeit. Ich denke das ist an und für sich ein Verlust. Es ist extrem schwierig, den Gestank dessen, was die Spieleindustrie einem angetan hat, wieder loszuwerden.« 

Was sie sich für die Zukunft der Frauen in der Spieleindustrie wünscht? »Es wäre wundervoll, wenn wir uns einfach sicher fühlen könnten.« Es kann und darf nicht sein, dass das zu viel verlangt ist. 

Hilfe und Lösungsvorschläge
Für Teil 2 unserer umfangreichen Reportage über den Alltag von Frauen in der Videospielbranche haben wir Rechtswissenschaftler gefragt, wie Frauen sich im Fall der Fälle verhalten sollten, und wir lassen Frauen aus der Spielebranche aus den USA, Frankreich, Spanien und Deutschland zu Wort kommen, wie die Branche sich ihrer Meinung nach ändern müsste.

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