Der Job des Spieletesters ist ein undankbarer. An guten Tagen ist er kinderleicht - beispielsweise dann, wenn ich ein absolut mieses, objektiv schlechtes Spiel wie Fast & Furious: Crossroads testen soll. Besser ist es natürlich, wenn ich Spiele testen darf, die offensichtlich außergewöhnlich gut sind, wie beispielsweise It Takes Two. Und dann gibt es Spiele wie Twelve Minutes, das irgendwo zwischen diesen Extremen liegt, das sich ohne Spoiler nur verdammt schwer beschreiben und noch viel schwieriger nachvollziehbar bewerten lässt.
Viele von euch haben mit Sicherheit bereits den Trailer gesehen: In Twelve Minutes wollt ihr eigentlich nur einen gemütlichen Abend mit eurer Frau verbringen, dann tritt jemand eure Wohnungstür ein, ihr werdet gefesselt und wenige Augenblicke später segnet ihr das Zeitliche, bevor die ganze Prozedur von vorne losgeht. Siehe hier:
Was ist hier los, warum passiert das und wie kann ich es verhindern? Das ist sofort spannend und interessant. Wie einige von euch sicherlich auch hatte ich von der ersten Ankündigung an total Lust auf das Adventure. Inzwischen habe ich es, nach rund vier Stunden, komplett durchgespielt und kann sagen, dass Twelve Minutes kein schlechtes Spiel ist. Es ist aber auch nicht wahnsinnig gut.
- … ihr Point & Click Adventures mögt.
- ... ihr in Spielen gerne herumexperimentiert.
- … ihr eure Ungläubigkeit aussetzen könnt.
- … ihr Probleme mit Zeitlimits habt.
- … ihr nicht auf Trial & Error steht.
Der Autor
Sascha Penzhorn testet seit vielen Jahren Videospiele. Oft hat er dabei den größten Schrott abbekommen. Seine Lieblings-Genres sind Rollenspiele, Rundenstrategie, Arcade-Rennspiele, Fighting Games, Beat 'em Ups, Shooter, 2D-Platformer und alles, was mit Weltraum zu tun hat. Reißaus nimmt er dagegen vor Echtzeitstrategie, Anime-Szenarien, Survival, 3D Jump & Runs, Aufbauspielen und Wirtschaftssimulationen. Sascha nimmt kein Blatt vor den Mund und schreibt frei nach Schnauze. Wer mehr von ihm lesen will, findet zahlreiche seiner Tests, Kolumnen und Videos bei GameStar Plus.
Für jeden spielbar
Twelve Minutes benötigt keine schnellen Reflexe, kein Reaktionsvermögen und streng genommen auch keine große Erfahrung mit Videospielen. Jeder, der eine Maus bedienen kann, ist in der Lage, Twelve Minutes spielen.
Ich klicke mich zu Spielbeginn durch einen Hausflur, fische einen Schlüssel aus einer Topfpflanze und ziehe ihn mit der Maus aus dem Inventar auf die Tür, um sie zu öffnen. Schwieriger wird die Steuerung nicht - wer also Lust hat, die Story des Spiels selbst mal zu erleben, kann recht unbesorgt damit loslegen, selbst falls ihr Gelegenheitsspieler seid.
Ihr müsst nur akzeptieren, dass ihr viele Schritte im Spiel sehr oft wiederholen werdet und ihr pro Zeitschleife nur wenige Minuten Zeit bekommt, aber darauf komme ich gleich noch mal zurück. Zudem müsst ihr mit deutschen Untertiteln klarkommen, falls ihr die ausschließlich englisch vertonte Sprachausgabe nicht versteht. Die drei Charaktere im Spiel wurden von den Hollywood-Schauspielern James McAvoy, Daisy Ridley und Willem Dafoe eingesprochen.
Beim Betreten meiner virtuellen Wohnung fällt mir meine Frau Daisy Ridley um den Hals, die einen romantischen Abend mit mir verbringen will. Während ich mich durch die Wohnung klicke und dabei helfe, den Tisch zu decken, fühle ich mich oberschlau und stecke ein Küchenmesser ein. Ich kenne ja den Trailer und weiß, was gleich passieren wird.
Ich finde ein Smartphone und wähle spaßeshalber 911 - das funktioniert tatsächlich und Augenblicke später habe ich die Polizei am Apparat und habe ihr nichts zu erzählen, weil ja noch gar nichts passiert ist. Also esse ich mit Daisy, die leicht angesäuert ist, weil ich beim Durchstöbern des Schlafzimmers auf etwas stoße, das als Überraschung gedacht war.
Aber da hämmert auch schon Willem Dafoe gegen meine Tür, verschafft sich schließlich Einlass, fesselt uns mit Kabelbindern und als ich mich mit dem Küchenmesser wehren will, klatscht er mich einfach so weg. So einfach geht's schon mal nicht! Einen Moment später finde ich mich allein in meinem Wohnzimmer wieder, dann kommt Daisy aus dem Bad und begrüßt mich, als sei nichts gewesen.
Direkt spannend
Ich greife erneut zum Telefon und teile der Polizei mit, dass jemand einbrechen und uns abmurksen will. Alles klar, jemand kommt vorbei, ich soll mich bitte gedulden … für 15 Minuten. Ich weiß rein zufällig, dass ich keine 15 Minuten habe und versuche nun, mehr Zeit zu gewinnen.
Ich erkläre Daisy, dass sie auf keinen Fall die Tür aufmachen soll, wenn gleich jemand dagegen hämmert. Die hält meine Erklärungsversuche wenig überraschend für völlig bekloppt und lässt sich kaum überzeugen. Vielleicht hätte ich ihr sagen sollen, dass uns jemand die Bild am Sonntag andrehen will.
Stattdessen habe ich den Schurken wenige Minuten später wieder in der Wohnung und versuche diesmal nicht, ihn zu messern. Darum unterhält er sich diesmal eine Weile mit Daisy und hat ganz offensichtlich ein Hühnchen mit ihr zu rupfen. Er beschuldigt sie eines Verbrechens, fordert Antworten und lässt dann, als Daisy schweigt, seinen Frust an mir aus, was einmal mehr im Neustart der Zeitschleife resultiert.
Immerhin: Komplett vermasseln kann man das Spiel nie, schlimmstenfalls beginnt halt die Schleife von vorn.
Daisy kommt aus dem Bad, zeigt sich freundlich wie immer, aber darauf habe ich jetzt echt keinen Bock mehr. Weiß sie eigentlich, dass gleich ein Typ vorbeikommt, um uns umzubringen? Weshalb beschuldigt er sie einer Tat, von der sie mir nie berichtet hat? Welche Geheimnisse hat sie noch vor mir?
Tja, nun. Diesen Ton findet meine Ingame-Gattin überhaupt nicht nett, also stürmt sie kurzerhand aus der Wohnung. Draußen wird sie von unserem Killer abgefangen, der sie zurück nach drinnen begleitet, wo sich das Drama einmal mehr wiederholt.
Im weiteren Spielverlauf finde ich Mittel und Wege, alleine mit dem Eindringling zu reden, ohne dass meine Frau beteiligt ist. Ohne Spoiler kann ich hier nicht weiter ins Detail gehen, will aber zumindest verraten, dass sich ab hier auch ein gewisser Frust eingestellt hat.
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