David Fincher ist zurück! Na gut, wirklich weg vom Fenster war er zwar nie, aber wenn man seine nicht gerade auf den Mainstream abzielende Filmbiografie Mank
mal wegdenkt, datierte seine letzte Regiearbeit auf das Jahr 2014 (Gone Girl - Das perfekte Opfer).
Nun also The Killer
. Der Streifen mit Michael Fassbender (Inglorious Basterds, X-Men, Prometheus) und Tilda Swinton (Grand Budapest Hotel, Doctor Strange) tritt in große Fußstapfen. Als reinrassiger Thriller muss er sich nämlich den Vergleich mit Finchers unvergessenem Meisterwerk Sieben
gefallen lassen. Und dem hält The Killer trotz durchaus vorhandener Stärken für mich nicht stand.
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Trailer zum neuen Thriller von Regisseur David Fincher
Ein Killer im Dilemma
Der namenlose Killer im Netflix-Streifen hat ein großes Problem: Er hat daneben geschossen. Das sollte einem kaltblütigen Profi natürlich nicht passieren und zieht auch eine ganze Reihe an Konsequenzen nach sich, eine gefährlicher und heikler als die andere. Ins Detail gehe ich an dieser Stelle nicht, denn die Frage, ob und wie der Auftragsmörder heil aus der Sache rauskommt, ist eine der großen Stärken des Films.
Denn die Handlung ist herrlich offen. Ich gehöre bei Filmen zur Fraktion der Wie geht es wohl aus?
-Vorausdenker und habe inzwischen durchaus ein ganz passables Gespür entwickelt. Aber in The Killer habe ich nur von Minute zu Minute gedacht, denn die ganze Situation der titelgebenden Hauptfigur scheint einfach zu verworren, um das irgendwie befriedigend aufzulösen.
Das gelingt dem Film auch nur bedingt. Für mich betreibt der Strippenzieher in der finalen Konfrontation eine Spur zu viel Ich erkläre dir jetzt alles auf einmal
-Exposition, aber na gut, das ist noch kein Weltuntergang.
Starker Cast, blasse Figuren
Weitaus mehr stört mich ein Aspekt, der von mir als größte Schwäche, von anderen Filmkritiken als größte Stärke bezeichnet wird: die Charaktertiefe. Ich kann verstehen, was manche daran finden: Es passt hervorragend in das kalte, emotionslose Handlungskorsett von The Killer, dass die Figuren meist eindimensional wirken, sodass wir als Zuschauer ihr Verhalten nicht vorhersehen können.
Das soll Spannung erzeugen - bei mir ruft es aber Langeweile hervor. Denn im Gegensatz zu Sieben, wo ich im Laufe der Handlung mit so ziemlich jedem ausgearbeiteten Charakter mitfiebere, fühle ich mich in The Killer wie … ja, wie ein Zuschauer halt, dem das Geschehen da vorne auf der Mattscheibe ziemlich egal sein kann.
Dem Cast mache ich dabei aber überhaupt keinen Vorwurf, ganz im Gegenteil. Vor allem Michael Fassbender versucht durch eine beeindruckend subtile Mimik, uns ab und zu einen kleinen Einblick in die Gefühlswelt des Killers zu gewähren. Auch die restliche Besetzung leistet sich in meinen Augen keine Schnitzer und holt alles aus dem Drehbuch raus.
Das ist ein Fincher-Film!
Einen wohl eher ungewollten positiven Nebeneffekt haben die blassen Figuren aber: Ich lenke meine Aufmerksamkeit auf andere Bereiche des Films und hier kommt David Finchers Handschrift zum Tragen. Die Bildsprache ist in so ziemlich jeder einzelnen Kameraeinstellung packend, hochpräzise und strotzt nur so vor kleinen Details.
Außerdem mag ich einfach Finchers Authenthizität. Wie habe ich mir notiert: Die ersten fünf Minuten entscheiden darüber, ob The Killer etwas für euch ist.
Wenn euch die teils minutenlangen inneren Monologe über Morgenroutinen, Moral und den Kaloriengehalt eines McDonalds-Menüs auch so sehr faszinieren wie mich, ist The Killer für euch ein absoluter Sehtipp von mir. Andernfalls … lasst es lieber!
Und noch eine Warnung von mir an Zartbesaitete: Wenn es mal zur Sache geht, dann richtig. The Killer besitzt nicht viele Actionszenen, aber die sind äußerst explizit. Das Problem ist also nicht unbedingt, was da passiert, sondern vielmehr, dass die Kamera gerne kompromisslos draufhält.
Zeit für ein Fazit
Ist The Killer
ein zeitloses Meisterwerk wie einst Sieben
? Nein, dafür geht mir David Fincher an vielen Stellen einfach nicht weit genug. Es scheint fast so, als ob er selbst durch die Oberflächlichkeit seiner Figuren gehemmt wird, tiefer in diese immer wieder spannend angedeutete Welt der Profikiller einzutauchen.
Ich verstehe aber auch, dass das eben eine bewusste Entscheidung von ihm war. Und in Sachen Bildsprache, Kameraarbeit, Sounddesign und schauspielerischer Leistung des gesamten Casts gibt es derzeit wohl kaum einen Film, den ich euch in diesen tristen Herbsttagen lieber empfehlen würde. Kein Wunder, dass er gerade die Top-10 auf Netflix dominiert!
The Killer ist seit dem 10. November auf Netflix verfügbar.
Habt ihr The Killer bereits angeschaut? Wenn ja, interessiert mich natürlich auch eure Meinung brennend! Wie hat euch der Streifen gefallen? Teilt ihr meine Pro- und Contra-Punkte oder seht ihr das alles ganz anders? Fein, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden! Also schreibt mir gerne eure Sicht der Dinge in die Kommentare und teilt euer persönliches Urteil zum Film mit der Community!
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