Ich verstehe bis heute nicht, wieso Need for Speed meinen Lieblingsmodus mit Füßen tritt

Peter fand die Drag-Events in NfS: Underground und Most Wanted urspannend. Umso verwunderter ist er, dass solche Rennen aus den Nachfolgern verschwunden sind.

Für Peter (vermutlich rechts) gehört Drag-Racing zur NfS-Identität. Umso unverständlicher, dass neuere Need for Speeds den Modus meist ignorieren. Für Peter (vermutlich rechts) gehört Drag-Racing zur NfS-Identität. Umso unverständlicher, dass neuere Need for Speeds den Modus meist ignorieren.

Need for Speed ist für mich seit jeher eine Fantasie. Eine, in der ich ein Lenkradkünstler bin, der die teuersten PS-Schleudern mit schlafwandlerischer Sicherheit durch Kurven jagt, krass aufgemotzt und mit breitem Heckspoiler verziert, um im letzten Moment noch vor allen Konkurrenten über die Ziellinie zu driften.

NfS Unbound hat mir diese Fantasie wieder zu großen Teilen erfüllt und war eine meiner Positivüberraschungen des letzten Jahres. Aber in einem Punkt hat mich der jüngste Teil der Arcade-Rennspiel-Reihe hängen lassen. Und darin ist er bedauerlicherweise nicht der erste. Worum es geht und wieso wir dafür in die Zeit bis zum ersten Most Wanted zurückreisen müssen, erkläre ich euch in meiner Kolumne.

Peter Bathge
Peter Bathge

GameStar-Redakteur Peter hat die erste Generation der NfS-Spiele verpasst, wenn wir mal von Demos absehen. Ab Underground hat er aber nahezu jeden Teil gespielt, selbst das ruckelige Undercover. Seine Erfahrungen gipftelten kürzlich in einem 7-Punkte-Guide mit Tipps für NfS Unbound. Auch wenn er privat mit Gangschaltung fährt, bevorzugt er in Spielen die Automatik - es sei denn, es gibt einen Drag-Modus.

Perfekter Start

Ich bin inzwischen so alt, dass ich mich an den Kinostart von »The Fast and The Furious« erinnern kann, damals als die Filmreihe noch kein weltweites James-Bond-artiges Mega-Franchise war. Vielleicht hat die dortige Zuschaustellung von Unterbodenbeleuchtung und Nitro-Boosts dazu beigetragen, dass ich ein Need-for-Speed-Fan wurde.

Die Underground-Ära der betagten Reihe stellt für mich daher immer noch die Vollendung der Racer-Serie dar, auch wenn mich Porsche-Unleashed-Fans und Heiko dafür kreuzigen mögen - siehe die persönlichen Erinnerungen der Redaktion in unserem großen NfS-Ranking aller 23 Spiele.

Gerade Strecken, wenige Konkurrenten und der volle Fokus auf das perfekte Schalten: Drag-Rennen in Underground 2 machten mir damals einen Riesenspaß. Gerade Strecken, wenige Konkurrenten und der volle Fokus auf das perfekte Schalten: Drag-Rennen in Underground 2 machten mir damals einen Riesenspaß.

Ein Höhepunkt jedes Abends, den ich in Underground 1+2 und dem allerersten Most Wanted verbracht habe, waren die Drag-Races. Das waren sehr kurze Rennen (typischerweise eine halbe oder viertel Meile lang) zwischen zwei bis vier Konkurrenten, in denen es nur um eines ging: das perfekte Schalten.

Selbst wer wie ich in den restlichen Events mit Automatik fuhr, kam hier nicht um die Gangschaltung herum - und es war ein glorreiches Chaos, das durch den dichten Gegenverkehr teils absurd schwer gemacht wurde.

Denn im Herzen waren die Drag-Rennen ein Minispiel: Nicht nur musste ich im richtigen Moment hochschalten und dafür wie ein Falke auf die entsprechende Bildschirmanzeige am Rand starren - nein, gleichzeitig durfte ich auch nicht das Geschehen auf der Straße aus den Augen verlieren, denn hier konnte jederzeit ein abrupter Spurwechsel notwendig werden, um einem anrauschenden Lieferwagen auszuweichen.

Der KI-Gegenverkehr ist ein Schlüsselelement eines spannenden Drag-Rennens, hier in Most Wanted von 2005. Der KI-Gegenverkehr ist ein Schlüsselelement eines spannenden Drag-Rennens, hier in Most Wanted von 2005.

Diese kurzen, aber oftmals unter lautstarkem Fluchen mehrfach wiederholten Rennen verschafften mir einen Adrenalinschub wie sonst nichts in Need for Speed. Hier wurde quasi das ganze Hoffen und Bangen eines normalen, mehrere Minuten langen Rennens in weniger als 60 Sekunden gepresst. Die Anspannung bei diesen Herausforderungen war für mich körperlich spürbar: Meine Hände krampften sich ums Gamepad, mein Herz pochte wie wild, mir brach der Schweiß aus.

Need for Speed: Underground 2 - Test-Video Video starten PLUS 3:57 Need for Speed: Underground 2 - Test-Video

Enttäuschendes Finish

Und wie hat Electronic Arts auf diesem Erfolg aufgebaut? Indem man den Modus erstmal jahrelang abschaffte. Bei Pro Street und dem Multiplayer-Ableger World gehörte er noch zum Repertoire, dann jedoch konzentrierte sich die Serie mehr auf andere Bereiche wie die penetrante Polizei, nur in Shift 2 Unleashed feierte der Modus ein klitzekleines Comeback.

Das 2015 veröffentlichte Reboot Need for Speed belebte dann in vielerlei Hinsicht den alten Underground-Geist wieder, aber ausgerechnet Drag glänzte mit Abwesenheit. Auf Spielerwunsch wurde der Modus später per Patch nachgeliefert, doch die Umsetzung war halbherzig: Im Gegensatz zur Underground-Ära gab es weder auf die kurzen Matches abgestimmte Strecken noch ein besonderes Interface.

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Okay, das 2017 veröffentlichte Payback hatte dann tatsächlich wieder ganz ordentliche Drag-Rennen, aber meistens ohne den dichten Gegenverkehr der Innenstadt-Szenarien von Underground und Co. Das machte die Duelle nahezu witzlos. Der nächste Tiefschlag folgte dann mit NfS Heat: Entwickler Ghost Games zwängte die bei Fans unbeliebten Offroad-Rennen ins Streetracer-Genre, verzichtete dafür aber auf Drag-Races.

Die dumme Lootbox-Mechanik überschattete bei Payback alles. Deshalb hatte ich bis zur Recherche für diesen Artikel auch komplett vergessen, dass es dort Drag-Events gab. Die dumme Lootbox-Mechanik überschattete bei Payback alles. Deshalb hatte ich bis zur Recherche für diesen Artikel auch komplett vergessen, dass es dort Drag-Events gab.

Verpasste Chance

Bei aller berechtigten Liebe für das 2022 veröffentlichte Need for Speed Unbound: Auch das beste NfS seit Jahren hat mir meinen Wunsch nach mehr Drag nicht erfüllt und ich frage mich, wieso.

Gerade angesichts der sich im späteren Spielverlauf einschleichenden Routine hätte sich ein weiterer Spielmodus hier angeboten und der Aufwand für die kurzen Rennen dürfte sich aus Entwicklersicht in Grenzen halten. Zudem sind sie in der Community sehr beliebt und würden perfekt zum Aufleben der Underground-Nostalgie im Spiel passen.

Doch stattdessen tritt NfS meinen Lieblingsmodus weiter mit Füßen und ich muss mich wohl oder übel mit dem realen Anfahren an einer auf Grün springenden Ampel begnügen, um meine Schaltkünste unter Beweis zu stellen. Dann allerdings ohne Burnout, denn neue Reifen sind teuer!

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