Erstklassiges Strategiespiel im Anime-Kostüm

In einem fiktiven Europa stellt ihr euch mit einer Spezialeinheit eins kleinen Landes gegen ein riesiges Imperium. So bunt und farbenfroh der Anstrich auch...

von verherr am: 15.09.2019

 

Warum es seitens der Gamestar zu diesem außergewöhnlichem Spiel keinen Testbericht gibt, obwohl der PC-Vorgänger (Teil 1) schon sehr solide abgeschnitten hat ist mir ein Rätsel. Da ich persönlich das Spiel exzellent finde werde ich nun einen Testbericht schreiben.

 

Das Spiel ist in einem fiktiven Europa zu Zeiten des zweiten Weltkrieges angesiedelt, in dem die Staaten andere Namen tragen und anders zusammengesetzt sind. Vom Osten her bedroht "das Imperium", welches als eine Mischung aus Kaiserreich, Sowjetunion und Faschisten-Deutschland daherkommt, die Allianz westlicher Staaten. Dabei gerät ein eigentlich neutrales Land, Gallia, zwischen die Fronten und schließt sich der Föderation an. Als Spieler übernimmt man in der Gestalt von Claude Wallace das Kommando eines Zuges (30-50 Mann) spezialisierter Ranger. Dieser Zug (Squad E genannt) wächst durch neue Rekruten bzw. schrumpft durch den Verlust von Einheiten mit der Zeit. 

Zur Einordnung des Genres lässt sich sagen, dass es sich dabei um eine Runden-Taktik-Spiel handelt welches mit Rollenspielelementen, sowie Forschung garniert wird.

 

Die Präsentation:

Man muss nicht groß drum rumreden, dass das Spiel grafisch keine Meilensteile setzt. Das Spiel ist einem erwachsenen Anime-Stil gehalten und dezent bunt. Dennoch tut dies der Atmosphäre des Spiels keinen Abbruch, sondern ganz im Gegenteil, streut der Anime-Look immer wieder einen Hauch von Heiterkeit in die triste Kriegsatmosphäre hinein. 

Auch die Präsentation der Story ist verbesserungswürdig. Das gesamte Spiel findet in einem (Tage-)Buch statt, in dem jedes Kapitel auf mehreren Seiten erzählt wird. Diese Seiten sind wiederum in einzelne kleine (auf Englisch vertonte) Dialoge unterteilt, die man nacheinander durchgehen muss und durch die man sich meistens Satz für Satz durchklicken muss. Man kann die Dialoge zwar abbrechen, dann verpasst man aber halt was von der Story und einigen Zwischenbeziehungen. Ab und zu gibt es auch einige wenige Zwischensequenzen. Nach einer Reihe von Dialogen kommt es immer wieder zu Schlachten, die ebenfalls in dem Buch anwählbar sind. Die Story an sich ist spannend bis fesselnd und ich persönlich wollte immer wissen wie es weitergeht. 

Punkten kann das Spiel hingegen beim Sound. Sowohl der Soundtrack als auch die unterschiedlichen Hintergrundmusiken passen sehr gut zum jeweiligen Spielgeschehen und treiben den Spieler auch in Kampfsituationen an. Zudem sind alle Charaktere auf Englisch sehr gut vertont (es gibt dazu deutsche Untertitel). Auch die Einheitenrückmeldungen auf dem Schlachtfeld sind passend zu den Charakteren gewählt und lassen die einem die Einheiten Stück für Stück ans Herz wachsen.

 

Das Gameplay

Absolutes Herzstück des Spiels ist zum Glück das Gameplay. Warum sage ich zum Glück? Nun, die Präsentation eine Spiels ist eine Sache, doch wie häufig ist es schon vorgekommen, dass man lediglich aufgrund hübscher Grafik und EINER netten Spielidee ein Spiel erworben hat und nach kurzer Spielzeit festzustellen, dass einen das Spiel nicht bei der Stange halten kann?

Ich persönlich bevorzuge jedoch Gameplay gegenüber der reinen Präsentation und hier kann Valkyria Chonicles 4 voll punkten.

Die Mechaniken lassen sich in zwei Bereiche aufteilen. Einmal die Mechaniken im Buchmodus, dass sind die Mechaniken, die sich im Hauptquartier abspielen und in denen man seinen Trupp zusammenstellt. Wie gesagt besteht der Zug später aus bis zu 50 Soldaten, wovon man aber immer nur 20 in die nächste Schlacht mitnehmen kann. Zudem gibt es sechs unterschiedliche Klassen (Scout, Trooper, Lancier, Mörser, Sniper und Ingenieur) die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Da man nie weiß was einen bei der nächsten Mission erwartet ist man meist dazu angehalten einen möglichst ausgewogenen Mix auf das Schlachtfeld zu bringen. Zudem kann man im HQ die Waffen, Panzer und Ausrüstung der Soldaten weiterentwickeln. Daneben gibt es einen Trainingscourt in dem man die einzelnen Klassen aufleveln kann.

Zur Erforschung benötigt man Credits und fürs Aufleveln braucht man Erfahrungspunkte. Beides sammelt man durch das Abschließen von Missionen. Je nachdem in wie vielen Runden man eine Mission absolviert bekommt eine bestimmtes Ranking, welches über den Erhalt dieser Credits und XP entscheidet.

Die zweite und eigentliche Spielmechanik ist natürlich der Kampf selbst. In den Missionen verfügt man über eine bestimmte Anzahl von Kommandopunkten und kann damit seine einzelnen Einheiten bewegen und kämpfen lassen. Dasselbe gilt für den Gegner der immer nach einem dran ist und dann seine Truppen zieht. Das Spannende an der Mechanik ist, dass man den Zügen des Gegners hilflos ausgeliefert ist, da sich eigene Truppen nur verteidigen wenn gegnerische Einheiten in Reichweite sind. Es kommt also auch immer darauf an, wie man seine Einheiten in der eigenen Runde positioniert hat. Zudem gibt es noch zusätzliche taktische Elemente wie erhöhte Positionen, Deckungen wie zB Sandsäcke und Sichtbeschränkungen durch Schneestürme oder Nebelgranaten. All das klingt auf den ersten Blick recht kompliziert, jedoch wird man an jedes einzelne Spielelement wie auch die Funktionsweise der einzelnen Einheiten Stück für Stück herangeführt. Hier zeigt das Spiel auch eine seiner großen Stärken in dem es die Story vorantreibt und gleichzeitig winzige Tutorials einbaut. So kann man immer das Spielgeschehen nachverfolgen und erkennt seine eigenen Fehler. Dabei bleibt das Spiel in etwa immer gleich fordernd, da der Gegner zwar nicht immer ganz clever agiert, jedoch mit der Zeit immer bessere Startpositionen bekommt, die man erstmal aushebeln muss. Das Tüfteln an eigenen Taktiken macht dabei den besonderen Reiz aus. Durch die Einheiten- und Waffenvielfalt, kann auf undenkbar viele verschiedene Wege die Missionen lösen. Nicht selten habe ich nachdem ich eine Mission geschafft habe, direkt einen neuen Anlauf genommen um einen anderen Weg auszuprobieren.

Den nicht einstellbaren Schwierigkeitsgrad würde ich als moderat bezeichnen.

 

Die Story

Zur Story habe ich das Wesentliche eigentlich schon in der Einleitung gesagt. Inhaltlich spielt die Story nahezu auf derselben Höhe wie der Vorgänger was Düstere aber auch das Kitschige angeht. Ja das Spiel kann seine Anime-Wurzeln nicht ganz verleugnen. So spielt man im Kern einen Trupp deren Groß an Mitgliedern Anfang 20 ist und den Krieg als Spiel versteht. Auch Romanzen von fast peinlich kitschig bis ernsthaftig dargestellt. Das Spiel beherrscht allerdings auch das Einbinden wirklich tiefgreifender Themen wie Rassismus, Missbrauch von Menschen insbes. Kindern und Flüchtlingen ohne dabei einen deutlichen moralischen Zeigefinger zu erheben.

Zudem weist die Hauptstory einige interessante Plotwendungen auf. Auch was sich die Designer an Orginellem in puncto Einheiten und alternativer Techniken haben einfallen lassen ist eine Bereicherung für die Spannung des Spiels.

Je nachdem wie tief man in das Spiel einsteigt und sich auf diese Andersartigkeit der Erzählung und der Inhalte einlässt hat man auch die Möglichkeit noch tiefer in die Story einzusteigen, in dem man zB  Squad-Stories freischaltet in denen man einzelnen Truppenmitgliedern näherkommt. Darüber hinaus gibt es noch ein umfangreiches Glossar, welches weitere Details zur Lore der Spielwelt presigibt.

Insgesamt würde ich die Story als solide bis überdurchschnittlich darstellen.

 

Der Umfang

Gigantisch! Wer alles einmal gesehen haben will sollte locker 50 Stunden einplanen. Da ich den Ehrgeiz hatte möglichst viele Missionen möglichst gut abzuschließen habe ich in etwa 70 Stunden mit dem Spiel verbracht. Einige Längen sind hier natürlich dadurch enthalten, dass man die Dialoge einzeln durchklicken muss. Die Missionen an sich spielen sich aber recht flott und benötigen ca. 20 - 40 Minuten.

Hinzu kommen die Squad-Stories, die auch nochmal immer eine Extra Mission beinhalten. Dazu gibt es noch optionale Kapitel, die die Story einzelner Sachverhalte bzw. Beziehung zwischen Fraktionen näher erläutern und ebenfalls 1-2 Extra-Missionen ausmachen.

Wer darüber hinaus die Story abgeschlossen hat, darf sich dann noch an ein bisschen Post-Game Content erfreuen. Hierzu zählt das weitere Aufleveln von Einheiten, 3 zusäzliche Squad-Stories (die auch erst noch freigespielt werden müssen), sowie neue Hard-Skirmish-Karten in denen die Gegner besonders hart sind. Das ist insbesondere für diejenigen zu empfehlen, die gerne an den Lösungen tüfteln.

Die Hauptstory selbst kommt in 18 Kapiteln auf 26 Missionen. Zudem locken 17 Squad-Stories, 4 optionale Stories und 20 Skirmishes. Von der Seite gibt es also nicht zu meckern.

 

Fazit:

Das Spiel ist für jeden etwas, der den ersten Teil bereits gemocht hat und für jeden Strategie-Fan, der abseits abgetrampelter Pfade nach Strategieperlen mit Anspruch sucht.

 


Wertung
Pro und Kontra
  • interessantes Setting
  • tiefgreifende bewegende Story
  • starke Hauptcharaktere
  • Super Soundtrack und Vertonung
  • starkes vielschichtiges Gameplay
  • extrem umfangreich mit post-game Content
  • Rollenspielelemente
  • Squad-Stories lassen einen die Soldaten ans Herz wachsen
  • angenehm fordernd
  • nicht die beste Grafik (aber passend)
  • einige Kitschmomente
  • Buch-Modus etwas lästig (Durchklicken der Dialoge)

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
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