Ich habe eine App entwickelt, obwohl ich gar nicht programmieren kann – und das hat mich fast den Verstand gekostet

Vor einigen Monaten wünschte ich mir eine App, die es nicht gibt. Die Lösung: Einfach selbst entwickeln! Das Problem: Ich kann nicht programmieren. Doch modernste Technik half mir weiter ... und hat mich fast den Verstand gekostet.

Der Versuch, eine App mit ChatGPT zu entwickeln, demonstrierte mir alle Probleme von KIs. Der Versuch, eine App mit ChatGPT zu entwickeln, demonstrierte mir alle Probleme von KIs.

Es gibt für alles eine App! Nun. Außer für die ganz spezielle Aufgabe, die ich lösen wollte. Die einzige Lösung war, sie selbst zu entwickeln. Aber Programmieren lernen klingt anstrengend und langwierig. Aber Moment mal! Man hört doch immer wieder, wie ChatGPT alle möglichen für Menschen unmöglichen Aufgaben löst. Ist das meine Lösung?

Ich startete ChatGPT4 und habe mich an die Arbeit gemacht. Doch seitdem frage ich mich, von welchen Maschinengöttern in den Nachrichten immer die Rede ist. Die KI, die ich benutzte, kann es jedenfalls nicht sein.

Diese App wollte ich von ChatGPT

Aber alles von Anfang an: Ich wollte eine Anwendung entwickeln, die Textdateien durchsucht und japanische Wörter darin zählt. Die Ergebnisse sollen dann in eine Datenbank geschrieben werden, so dass ich sehen kann, wie oft bestimmte Wörter in einer Datei vorkommen, in welcher Schreibweise und auch wie lang die Sätze im Durchschnitt sind. Außerdem soll es eine grafische Benutzeroberfläche geben, in die man sich einloggen und die Informationen abrufen, sowie Vokabeln lernen kann.

Mathias Dietrich

Als studierter Linguist, Japanologe und Buchautor sind Sprachen Mathias' Leben. Klar, dass er da auch bei Sprachmodellen, wie es ChatGPT und co. sind genauer hinsieht und ganz genau herausfinden will, was sie wirklich leisten.

Zudem betreibt er eine Website und Youtube-Kanal auf denen er bis ins kleinste Detail erklärt, wie man Japanisch lernt. Dort will er ab und an auch über die Ergebnisse seiner Textanalysen sprechen.

Ich habe so gut wie keine Programmierfähigkeit. Meine eigenen Kenntnisse beschränken sich auf Spielereien mit meinem Taschenrechner vor ca. 15 - 20 Jahren, für den ich ein wenig in Basic geschrieben habe. Ich verstehe also den grundlegenden Ablauf, aber ein solches Projekt mit php und javascript könnte ich niemals alleine entwickeln.

Höllenritt mit ChatGPT

Am Anfang habe ich schnell Fortschritte gemacht. ChatGPT konnte mir sehr schnell eine einfache Seite generieren. Die gewünschten Funktionen habe ich dann nach und nach mit weiteren Prompts zusammengebastelt. Auch die spezielle Verwendung des von mir genutzten Bugfish-Frameworks, das die Entwicklung vereinfacht, konnte er gut umsetzen, wenn ich ihm die entsprechenden Erklärungen aus der Beschreibung gab.

Doch je komplexer die Anwendung wurde, desto frustrierender wurde die Nutzung von ChatGPT. Immer wieder tauchten Fehler auf. Hier ging etwas schief, dort funktionierte etwas nicht. Wenn ich sie darauf hinwies, präsentierte sie mir als Einleitung immer einen Satz, den ich zu hassen lernte: Entschuldigung für das Missverständnis!

ChatGPTs Lieblingssatz tauchte nach so gut wie jeder Kritik auf. ChatGPTs Lieblingssatz tauchte nach so gut wie jeder Kritik auf.

Die Korrekturen waren zudem problematisch. Denn selbst bei einfachsten Anpassungen entfernte die KI einwandfrei funktionierende Teile und schrieb alles um. Und das mit neuen Namen für Variablen und Funktionen, die dann natürlich wieder nicht funktionierten. Die Anwendung wurde so mit der Zeit zu einem wahren Frankenstein-Monster.

Ich hatte das Gefühl, einen intelligenten Profi-Programmierer ohne Gedächtnis vor mir zu haben. Und der konnte nicht zugeben, wenn er etwas nicht wusste. Stattdessen bastelte er sich irgendeine Antwort zusammen, die er mit absoluter Sicherheit präsentierte. Diese Antworten schienen aber oft völlig zusammenhanglos mit unserem bisherigen Gespräch zu sein.

Tu doch einfach, was ich sage!

Fehler, die in einem Beitrag bereits korrigiert waren, tauchten plötzlich im nächsten wieder auf. Immer und immer wieder wiederholte ich Anweisungen, nur um wieder falsch interpretiert zu werden. Und ich wurde immer frustrierter. So sehr, dass ich der KI Flüche und Beleidigungen an den Kopf warf, wohl wissend, dass ich genauso gut die Wolken anbrüllen könnte.

Ich spreche von den einfachsten Dingen. Wie: Gib mir den kompletten Code und lass nichts aus!, woraufhin die KI in ihren Antworten wieder Kommentarzeilen nach dem Motto Dein bisheriger Code hier einfügte. Mein absoluter Favorit war, als ich nach einer Verbesserung eines bestimmten Abschnitts fragte und sie mir eiskalt antwortete [Dein verbesserter Code hier]. Danke, ChatGPT.

Wenn ich darüber nachdenke, muss ich sagen, dass ChatGPT sehr menschlich ist. Es versucht, so wenig zu arbeiten wie möglich. Wenn ich darüber nachdenke, muss ich sagen, dass ChatGPT sehr menschlich ist. Es versucht, so wenig zu arbeiten wie möglich.

Prompt Engineering half nicht. Ansagen wie Du bist ein Profi-Programmierer oder Du bekommst 200 Euro Trinkgeld! brachten gar nichts. Dass Leute darauf schwören, ist meiner Erfahrung nach nur ein Placebo kombiniert mit Zufall. Denn auch das bloße Wiederholen meines Prompts hat mir irgendwann funktionierenden Code beschert. Das aber auch dann, wenn ich ihm Du bist ein arbeitsloser Fußballtrainer mit 3 Promille intus sagte.

Ich bin am Ende

Es hat ungefähr ein halbes Jahr und mehrere tausend Nachrichten gedauert. Aber letztendlich habe ich es geschafft. Ich bürge nicht für die Qualität und Effizienz des Codes, aber zumindest macht die Anwendung, was sie soll. Irgendwie habe ich aber das Gefühl, dass ich schneller gewesen wäre, wenn ich mir das Programmieren in dieser Zeit selbst beigebracht hätte.

Meine App läuft größtenteils! Ich weiß jetzt, dass Momotarou, eine Kurzgeschichte für Kinder, weniger einzigartige Worte nutzt als Natsume Sōsekis satirischer Roman Ich der Kater. Meine App läuft größtenteils! Ich weiß jetzt, dass Momotarou, eine Kurzgeschichte für Kinder, weniger einzigartige Worte nutzt als Natsume Sōsekis satirischer Roman Ich der Kater.

Ich sehe meine Geschichte vor allem als Warnung. Eine Warnung an alle, die KIs vertrauen. Denn dieses Vertrauen verdienen sie nicht. Natürlich können sie richtige Ergebnisse liefern. Aber man muss sie überprüfen können. Bei meiner App war das ganz einfach: App funktioniert nicht? Die KI hat Mist gebaut und ich muss ihren Code korrigieren. Aber so ganz traue ich dem Ganzen noch nicht. Nicht, bevor ein menschlicher Experte alles überprüft hat.

Aber das macht nicht jeder. Was ist mit den vielen Menschen, die sich von KIs einen Fitnessplan erstellen lassen? Das kann sogar gesundheitsschädlich sein. Und ich selbst schlage immer die Hände über dem Kopf zusammen, wenn Anfänger eine Sprache mit KIs lernen. Zumal es viel bessere Methoden gibt:

KIs sind nicht intelligent!

Was sind KIs wirklich? Es war mir von Anfang an klar, aber das Projekt hat es noch einmal deutlich gemacht. Es sind Wahrscheinlichkeitsmodelle. Sie ähneln ein wenig den 100 Affen, die Shakespeare schreiben. Wenn sie die richtige Information wiedergeben, dann ist das kein Wissen, sondern nur Zufall, da diese Worte der Wahrscheinlichkeit zufolge bei einer derartigen Frage oft von Menschen in Kombination genannt werden. Sehr zuverlässig.

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Das erkennt man auch an ihren Antworten. Je nischiger meine Fragen wurden, desto mehr fiel mir die starke Ähnlichkeit zu den Top-Webseiten und Forenbeiträgen bei Google auf, die natürlich für das KI-Training verwendet werden. Das wirft auch die Frage auf, warum man ChatGPT überhaupt nutzen sollte. Weil die Antworten gibt es mit einer klassischen Google-Suche schneller und von echten Menschen. Es sei denn, man bekommt eine KI-generierte Seite.

Eine große KI-Apokalypse sehe ich nicht mehr kommen. Jedenfalls nicht im Stil von Skynet. Denn der ChatGPT-Terminator würde wohl keine zwei Schritte machen, bevor er umfällt und ständig Entschuldigung für das Missverständnis! ruft.

Nutzt ihr KIs in eurem Alltag? Haben sie euch schon einmal Probleme bereitet, oder halfen euch ihre Antworten weiter? Schreibt es in die Kommentare!

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