Nach Jahren der Google-Treue ziehe ich dank eines Handys, das alles anders macht, einen Schlussstrich – Mein Fazit nach vier Wochen

Ich bin ein typischer Google-Power-Nutzer und jetzt habe ich einen Monat lang mein Handy gegen das Punkt MC02 getauscht – einem Android-Handy, bei dem Google optional ist.

Das Punkt MC02 ist ein Android-Handy, bei dem Google-Dienste vollkommen optional sind. Das Punkt MC02 ist ein Android-Handy, bei dem Google-Dienste vollkommen optional sind.

YouTube, YouTube Music, Docs, Gmail, Drive, Chrome und mehr: Ich benutze fast sämtliche Google-Produkte tagtäglich und bin es gewohnt, auf alle über mein Handy Zugriff zu haben. Folglich ist Android das Handy-Betriebssystem meiner Wahl.

Um ehrlich zu sein, habe ich auch nie Probleme mit den Diensten von Google gehabt, weshalb ich nie wirklich über einen Wechsel nachgedacht habe. Jetzt habe ich die Gelegenheit, ein Android-Handy zu testen, das mir die Option gibt, komplett auf Google zu verzichten – also bin ich das Experiment eingegangen.

Tschüss Google, Hallo AphyOS!

Das ist das Punkt MC02

Das Punkt MC02 ist ein Smartphone, das sich von gewöhnlichen Android-Smartphones in mehreren wichtigen Punkten unterscheidet. Im Vordergrund stehen vor allem Privatsphäre und Sicherheit. 

Privatsphäre und Betriebssystem: Das installierte Betriebssystem »AphyOS« basiert auf Android 14, ist aber auf das Wichtigste reduziert. Viele Funktionen, die Daten sammeln, wurden entfernt und Google-Dienste sind nicht vorinstalliert.

Jede App wird in einer Sandbox installiert, bei der ihr selbst entscheiden könnt, auf welche Daten sie zugreifen darf und auf welche nicht. Dafür gibt es eine Funktion, die sich »Ledger« nennt.

Darüber hinaus gibt es ein paar vorinstallierte Apps, die entweder lokal ausgeführt werden oder bei denen persönliche Daten auf Servern in der Schweiz gespeichert werden.

Laut dem Hersteller gewährleistet das einen besseren Schutz eurer Daten. Ob sie aber wirklich sicherer sind als auf Servern anderer Länder, kann ich nicht verifizieren.

»Die Partnerschaft mit dem Schweizer Unternehmen Apostrophy und seinen digitalen Diensten ermöglicht ein völlig nahtloses Ökosystem sicherer Kommunikation nach Schweizer Datenschutzbestimmungen, die in der Verfassung und den Gesetzen des Landes verankert sind, um das Recht auf Privatsphäre zu schützen. Es werden keine Anwendungen von Drittanbietern benötigt, die den Kompromiss einer Manipulation persönlicher Daten für den unternehmerischen Profit zulassen.«

Punkt. über ihre Webseite

So sieht AphyOS aus. Der Standard-Launcher ist größtenteils monochrom. Besonders gut hat mit der Ledger gefallen, mit dem man den Datenzugriff und den Energieverbrauch anpassen kann. Ganz rechts seht ihr den integrierten VPN »Digital Nomad«. So sieht AphyOS aus. Der Standard-Launcher ist größtenteils monochrom. Besonders gut hat mit der Ledger gefallen, mit dem man den Datenzugriff und den Energieverbrauch anpassen kann. Ganz rechts seht ihr den integrierten VPN »Digital Nomad«.

Design und Verarbeitung: Der Minimalismus wird auch beim Design des Handys fortgeführt. Die Rückseite des Gerätes besteht aus einem texturierten Kunststoff. Das Handy ist bis auf einen weißen Punkt-Schriftzug in einer Ecke komplett in Schwarz gehalten.

Ich schätze zwar das schlichte Design, aber für 700 Euro hätte ich mir hochwertigere Materialien gewünscht. Das Handy hat leider auch keinen Schutz gegen Feuchtigkeit und Kleinpartikel. 

Die Rückseite des Punkt MC02. Die Rückseite des Punkt MC02.

Akkulaufzeit: Die hat mich besonders beeindruckt. Ich musste das Handy nur etwa jede Woche einmal aufladen. Laut dem Hersteller liegt das vor allem daran, weil das Handy kaum Hintergrundprozesse besitzt, die die Standby-Zeit beeinträchtigen können.

Mit dem oben erwähnten Ledger ist es außerdem möglich, die Hintergrundaktivität und den Energieverbrauch von jeder App in drei Stufen einzustellen.

Android ohne Google: So ist es gelaufen

Weil das Handy mir die Wahl gibt, komplett auf Google-Dienste zu verzichten, habe ich genau das getan. Okay, nicht ganz – den Play Store habe ich dennoch heruntergeladen.

Anschließend habe ich nur die Apps installiert, die ich unterwegs verwende, wie zum Beispiel eine Wetter-App, WhatsApp und Spotify. Für viele andere Dienste habe ich dann einfach den vorinstallierten Vanadium-Browser verwendet, anstatt eine dedizierte App zu installieren.

Es ist eine 3,5mm-Klinke vorhanden. Es ist eine 3,5mm-Klinke vorhanden.

Ich habe mich bewusst gegen die Installation von »unnötigen« Apps entschieden, die mich zum sinnlosen Scrollen verführen. Von Google-Apps habe ich mich komplett verabschiedet.

Gut zu wissen: Für nahezu jede Google-App gibt es eine Alternative von einem Drittanbieter.

Was hat mir dabei gut gefallen?

Fokus auf das Wesentliche: Ich habe über einen Zeitraum von vier Wochen das Punkt MC02 als meinen persönlichen Daily Driver verwendet und es überall hin mitgenommen. Dabei habe ich vor allem eine Sache bemerkt: So viele Apps, die ich für gewöhnlich auf dem Handy installiert habe, sind gar nicht notwendig, wenn ich unterwegs bin.

Die meiste Zeit, wenn ich mein Handy in der Öffentlichkeit aus der Hosentasche ziehe, gibt es zwei Gründe: Beantworten von Nachrichten und Langeweile.

Weil ich auf dem Punkt-Handy nur die nötigsten Apps installiert habe, hat sich die Erfahrung angefühlt, als hätte ich ein Dumbphone in der Tasche. Ich habe jedenfalls deutlich weniger das Verlangen verspürt, das Handy aus Langeweile herauszuholen. 

Auch das Design fokussiert sich auf das Wesentliche. Auch das Design fokussiert sich auf das Wesentliche.

Auf die Google-Dienste konnte ich problemlos auf dem Handy verzichten. Entweder gibt es Google-freie Alternativen, wie zum Beispiel Vanadium statt Chrome oder es ist etwas, das ich unterwegs nicht unbedingt benötige, wie YouTube. 

Ich habe erst durch dieses Experiment bemerkt, wie viele Google-Dienste auf dem Handy gar nicht notwendig sind. Genau deswegen ist der Verzicht so einfach gewesen.

Auf dem Handy sind außerdem bereits Apps vorinstalliert, die die Daten lokal oder auf Servern in der Schweiz speichern:

  • Kalender
  • To-do-Liste (Tasks)
  • Kontakte
  • VPN-Dienst
  • E-Mails
  • Dateibrowser

Wer diese Apps nicht nutzen möchte, kann natürlich jede beliebige Android-App installieren. Diejenigen, die auf den Google Play Store verzichten wollen, können auf Sideloading oder App Stores von Drittanbietern zurückgreifen.

Ein bewusster Umgang mit dem Handy und eigenen Daten: Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Android-Smartphone hat sich das Benutzen vom Punkt-Handy bewusster angefühlt. Jedes Mal, wenn ich es aus der Tasche zog, hatte es einen Sinn und Zweck. Außerdem kann ich genau kontrollieren, welche Daten nach außen gelangen und welche nicht.

Dieses Experiment gab mir also nicht nur ein Gefühl von Freiheit, sondern auch von Kontrolle. 

Was hat mir gefehlt oder nicht gefallen?

Das Display überzeugt nicht, vor allem nicht für 700 Euro: Mit nur 400 Nits ist die maximale Helligkeit gerade noch ausreichend, um den Bildschirm bei Sonneneinstrahlung ablesen zu können.

Auch wenn das Betriebssystem hauptsächlich in Schwarz und Weiß gehalten ist. Ein OLED-Display hätte gut dazu gepasst. Auch wenn das Betriebssystem hauptsächlich in Schwarz und Weiß gehalten ist. Ein OLED-Display hätte gut dazu gepasst.

Darüber hinaus finde ich es sehr enttäuschend, dass kein OLED-Bildschirm eingebaut ist, sondern ein IPS-Panel, obwohl sich das monochrome Design von AphyOS perfekt dafür eignet. Die Bildschirmwiederholrate beträgt auch nur 60 Hertz und ist nicht variabel. 

Keine gute Kamera: Das Punkt MC02 ist nicht günstig und da erwarte ich zumindest eine starke Hauptkamera. Leider hat mich die Qualität der Bilder absolut nicht überzeugen können, weshalb ich nicht gerne damit fotografiert habe. Dazu kommt ein recht langsamer Autofokus.

Android ohne Google: Empfehle ich es weiter?

Das Handy von Google-Diensten zu befreien kann ich tatsächlich weiterempfehlen. Das heißt ja nicht, dass ihr direkt auf sie verzichten müsst, ihr müsst sie nur nicht unbedingt auf dem Handy verwenden. In diesen vier Wochen habe ich gemerkt, wie wenig Apps wirklich essenziell sind.

Leider ist so ein Umstieg nicht so einfach möglich. Entweder greift ihr zu dem Punkt MC02 oder ihr holt euch ein Pixel-Handy und installiert darauf GrapheneOS, ein Betriebssystem, das dem hier sehr ähnelt. So hat das zum Beispiel mein Kollege Matthias gemacht. 

Aber solltet ihr zum Punkt MC02 greifen?

Ich kann das Handy nicht jeder Person vollends empfehlen, weil der Einsatzzweck doch ziemlich spezifisch und das Gerät nicht günstig ist. 

Das Punkt MC02 kostet 700 Euro und einige der Dienste, die es so einzigartig machen, stecken hinter einem kostenpflichtigen Abo, das nach einem kostenlosen Jahr 15 Euro im Monat zu Buche schlägt. Solltet euch gegen das Abo entscheiden, verliert ihr Zugriff auf folgende Funktionen:

  • Integrierter VPN-Dienst Digital Nomad
  • 5 GByte Cloud-Speicher für E-Mails, Nachrichten und Kalendereinträge 
  • »GMS Wizard«: Ein Assistent, der beim Installieren von Google-Diensten hilft

Es liegt also an euch, wie wichtig der Schutz eurer Daten ist und ob ihr deswegen bereit seid monatlich Geld dafür auszugeben. Immerhin spart ihr euch dann das Geld für einen separaten VPN-Dienst. Den Zugriff auf den Ledger, den ich übrigens am nützlichsten finde, verliert ihr hingegen nicht. Auch der Vanadium-Browser bleibt erhalten.

Mein Fazit

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Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, das Punkt MC02 weiter als Haupthandy zu verwenden. Das Handy bietet mir mehr Funktionen als ein Dumbphone, aber trotzdem die Option, mich von Google-Diensten und anderen Ablenkungen zu befreien. Darüber hinaus habe ich damit volle Kontrolle über meine Daten und was mit ihnen geschieht. Die Akkulaufzeit beeindruckt ebenfalls.

Wem seine digitale Sicherheit und Datensouveränität besonders wichtig ist, für den könnte sich das MC02 durchaus lohnen – auch ohne das Abonnement, – sei es als Digital-Detox-Maßnahme oder als datenschutzfreundliches Handy.

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