»Eine der wildesten Behauptungen aller Zeiten«, aber es könnte was dran sein: Kleines Stück Hardware soll CPUs revolutionieren

Ein finnisches Startup will eine neue Möglichkeit gefunden haben, um die Leistung von Prozessoren drastisch zu erhöhen.

Die Lösung des Startups macht keinen Unterschied zwischen AMD oder Intel, aber es setzt neue Hardware voraus. (Bild: stock.adobe.com - K Illustrator Photo Scanrail) Die Lösung des Startups macht keinen Unterschied zwischen AMD oder Intel, aber es setzt neue Hardware voraus. (Bild: stock.adobe.com - K Illustrator Photo / Scanrail)

Die Performance von Central Processing Units beziehungsweise CPUs steigt schon seit vielen Jahren nur in geringem Maße. Das will die Firma Flow Computing aus Finnland mit ihrer so genannten Parallel Processing Unit (PPU) ändern, und zwar gewaltig.

Es ist nicht nur von einer Verdoppelung die Rede, sondern von einer bis zu 100-fachen Steigerung. Kein Wunder, dass die Kollegen von Techcrunch das als eine der wildesten Behauptungen aller Zeiten im Bereich der Siliziumtechnik beschreiben.

Kann da wirklich etwas dran sein? Sicher lässt sich das aktuell noch nicht sagen, aber der Bericht von Techcrunch und die Ambitionen von Flow Computing machen durchaus Hoffnung.

Die Firma ist ein Ableger der von Finnland staatlich unterstützten Forschungseinrichtung VTT. Zuletzt sind laut Techcrunch 4 Millionen Euro Vorfinanzierung durch verschiedene Investoren wie Butterfly Ventures und Business Finland hinzugekommen.

Was hinter der Idee der PPU steckt und wo der größte Stolperstein auf dem Weg zur CPU-Revolution noch liegt, klären wir im Folgenden.

Wie krass ist der Unterschied? - CPU von 2012 im Duell mit einem zehn Jahre jüngeren Prozessor von 2022 Video starten 1:41 Wie krass ist der Unterschied? - CPU von 2012 im Duell mit einem zehn Jahre jüngeren Prozessor von 2022

Wie soll die CPU-Performance derart stark steigen?

Um den Ansatz hinter der PPU von Flow Computing zu verstehen, hilft ein (vereinfachter) Blick auf die generelle Funktionsweise einer CPU im Vergleich zu Chips, wie sie bei Grafikkarten und KI-Beschleunigern zum Einsatz kommen:

CPU gegen GPU

  • Eine CPU kann Aufgaben der verschiedensten Art bewältigen und ist dadurch sehr flexibel einsetzbar. Sie arbeitet dabei aber größtenteils seriell und damit vergleichsweise langsam.
  • Eine GPU beherrscht einige wenige Operationen besonders gut und lässt sich deshalb nur für bestimmte Aufgaben nutzen. Durch starke Parallelisierung geht sie dabei aber sehr schnell zu Werke.

Die Grundidee der Parallel Processing Unit von Flow Computing ist es, simpel gesagt, der CPU als ergänzender kleiner Chip durch paralleles Zuarbeiten die Arbeit teils drastisch zu erleichtern.

Der Name PPU verweist also nicht auf eine so starke Parallelisierung wie bei einer GPU. Stattdessen ist das Ziel dieser Zusatzhardware, dafür zu sorgen, dass die CPU ihre einzelnen Aufgaben viel schneller abarbeiten kann.

Eine 100-fache Verbesserung der Performance ist nur in bestimmten Fällen möglich, aber dennoch eine bemerkenswerte Ansage. (Bild: Flow Computing) Eine 100-fache Verbesserung der Performance ist nur in bestimmten Fällen möglich, aber dennoch eine bemerkenswerte Ansage. (Bild: Flow Computing)

Warum das nötig ist, beschreibt Flow-CEO Timo Valtonen laut Techcrunch mit den folgenden Worten:

Die CPU ist das schwächste Glied in der Rechenleistung. Sie ist ihrer Aufgabe nicht gewachsen, und das muss sich ändern.

Der Energiebedarf soll dabei nicht stark ansteigen, wie es etwa bei der Brechstangenlösung einer stetig steigenden Taktrate der Fall ist. Stattdessen geht es um ein deutlich effizienteres Auslasten der vorhandenen Ressourcen Dank des kleinen Zusatzchips.

Kein neuer Ansatz, aber eine neue Lösung

Valtonen räumt selbst ein, dass der Grundansatz der PPU nicht neu ist. Aber die bisherigen Lösungen, um der CPU durch paralleles Zuarbeiten zu mehr Leistung zu verhelfen, haben im Gegensatz zur PPU einen entscheidenden Nachteil:

Sie können bereits Parallelisierung durchführen, aber es bricht Altsystemcode, und dann ist es nutzlos.

Sprich: Die PPU setzt keine Neuprogrammierung von Software voraus.

Die Gewinne sind laut interner Simulationen von Flow Computing zwar am größten, wenn der Code angepasst wird. Aber bereits die unter anderem in der folgenden Übersicht in Aussicht gestellte Verdoppelung der CPU-Leistung ohne jede Anpassung klingt eindrucksvoll:

Hier beschreibt Flow, was für Leistungsgewinne unter welchen Voraussetzungen möglich sein sollen. Ohne jede Code-Anpassung verdoppelt sich die Performance, mit leichten Änderungen verzehnfacht sie sich und genau darauf zugeschnittener Code ermöglicht laut Flow eine 100 Mal höhere Leistung als bisher. Hier beschreibt Flow, was für Leistungsgewinne unter welchen Voraussetzungen möglich sein sollen. Ohne jede Code-Anpassung verdoppelt sich die Performance, mit leichten Änderungen verzehnfacht sie sich und genau darauf zugeschnittener Code ermöglicht laut Flow eine 100 Mal höhere Leistung als bisher.

Welche große Hürde es noch gibt

Damit die PPU ihre Arbeit wie gewünscht verrichten kann, muss sie laut Techcrunch ein Teil des CPU-Dies sein (Die ist englisch für Würfel und meint den eigentlichen Halbleiter-Chip der CPU).

Sie muss also von Grund auf in der Entwicklung eingeplant werden.

So vielversprechend der Ansatz der PPU auch klingt, große CPU-Hersteller wie AMD oder Intel müssten aufgrund der sehr begrenzten Datenlage ein Risiko eingehen, wenn sie in Zukunft darauf setzen wollen.

Aber PPUs sind nicht nur für Desktop-PCs gedacht.

  • Was es der PPU schwer macht: Nicht nur die meist weit im Voraus festgelegten Pläne für kommende CPU-Generationen, sondern auch der aktuell durch den KI-Boom starke Fokus auf spezialisierte Chips mit extrem hoher Leistung in einem bestimmten Bereich.
  • Was für die PPU spricht: Nachdem Prozessoren mit mehr Kernen eine Zeit lang ein Rettungsanker für die CPU-Hersteller waren, fällt es ihnen zusehend schwerer, ihre Prozessoren nennenswert zu verbessern. Da könnte so etwas wie die PPU gerade zur rechten Zeit kommen.
  • Wo die PPU zum Einsatz kommen kann: PPUs sind laut Flow Computing sehr gut skalierbar und damit flexibel. Eine PPU mit vier Kernen könnte etwa in einer Smart Watch genutzt werden, eine mit 16 Kernen in einem Smartphone und eine mit 64 Kernen in einem Desktop-PC.

So oder so dürfte es noch Jahre dauern, bis wir handfeste Chips mit einer PPU im Einsatz sehen werden, falls es überhaupt je soweit kommt. Sehr spannend und vielversprechend klingt der Ansatz aber dennoch.

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