Moral in Spielen - Schluss mit der Moralpredigt

Wer soll sterben, wer darf leben? Und welche Konsequenzen haben unsere Entscheidungen? Die Zeiten der Pixelunschuld sind längst vorbei. Spiele konfrontieren uns mit moralischen Dilemmata und ethischen Konflikten und werden dafür – wie etwa die Telltale-Adventures – vielfach gelobt. Aber wie viel Moral steckt wirklich in Spielen?

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Auch im konsolenexklusiven Infamous 2 spielt Moral eine wichtige Rolle. Beispielsweise kann man verletzte Zivilisten retten - oder töten, um sich selbst zu heilen. Auch im konsolenexklusiven Infamous 2 spielt Moral eine wichtige Rolle. Beispielsweise kann man verletzte Zivilisten retten - oder töten, um sich selbst zu heilen.

Wenn wir herausfinden wollen, wie viel Moral in Spielen steckt, müssen wir erst mal herausfinden, was an Spielen überhaupt moralisch ist. Dabei hilft uns Miguel Sicart, der Spielewissenschaftler und legendäre Verfechter des in Deutschland beschlagnahmten Rockstar-Titels Manhunt - aus ethischer Perspektive, versteht sich. Spiele sind zunächst mal Objekte, die uns in simulierte Umgebungen versetzen, mit denen wir auf bestimmte Art und Weise interagieren können.

Damit das klappt, müssen wir uns auf die Regeln dieser Interaktion einlassen. Klar. Wenn ich mich in Battlefield 1 vehement weigere, Gebrauch von meiner Waffe zu machen, dann ist das zwar pazifistisch löblich, verhindert aber die Interaktion. Damit wir also etwas mit dem Spiel anfangen können, unterwerfen wir uns dessen Regeln. Umgekehrt heißt das: Das im Spiel geltende Regelwerk bestimmt die möglichen Aktionen, definiert also unser Verhalten und unsere Identität als Spieler. In Battlefield 1 haben wir gar keine andere Wahl, als ein Soldat zu sein. Punkt.

Moral ... ... vs. Spektakel Moral ... ... vs. Spektakel

Zumindest in seinem Kampagnenprolog (links) stellt Battlefield 1 die moralische Ausweglosigkeit des Krieges dar: Wir haben keine andere Wahl, als wieder und wieder zu sterben. Im Multiplayer spiegelt sich das aber nicht wieder, da geht’s ums Spektakel.

Das ist das eine. Außerdem hat jedes Spiel eine vorgegebene Umgebung, eine Spielwelt, in der die Erzählung stattfindet und in der wir uns bewegen. Sie ist quasi das Zierdeckchen, das übers Regelwerk gestülpt wird. Jedes Spiel besteht aus diesen zwei Komponenten: Regelwerk und Spielwelt.

Und wo steckt jetzt die Moral? Im Regelwerk? In der Spielwelt? Oder in beidem? Sicart meint, das ethische Potenzial eines Spiels liege vor allem in dessen Regelwerk: »Die Art und Weise, wie Spiele designt werden, und wie dieses Design die Spieler zu bestimmten Entscheidungen ermutigt, ist relevant […]«. So ganz koscher kommt uns das aber nicht vor. Irgendwie wirkt doch beides wichtig, Welt und Regeln.

Aber folgen wir fürs Erste Sicarts Argumentation. Also: In den Spielregeln steckt die Moral. Und jetzt die These: Ethisch relevant sind Spiele dann, wenn sie uns als Spieler mit ethischen Entscheidungen konfrontieren - oder wenn die Regeln des Spiels selbst ethische Fragen aufwerfen. Aber genau das machen doch Spiele wie The Wolf Among Us oder Knights of the Old Republic! Oder? Hier liegt der Knackpunkt: Viele der vermeintlich moralischen Spiele sind überhaupt nicht moralisch.

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