Turbos & Torhüter
Generell ist die Spielgeschwindigkeit etwas niedriger als bei FIFA 21, was etliche Athleten einen Tick behäbiger macht, und das Spielgeschehen damit realistischer. Auf der anderen Seite sorgen die neuen explosiven Sprints für mehr Tempo auf den ersten Metern - flinke Hochgeschwindigkeitsspieler genießen damit den Vorteil, den sie auch in Wirklichkeit auf dem Platz haben. Grundsätzlich ist die Offensive in FIFA 22 erneut im Vorteil, Torfestivals sind keine Seltenheit und Stürmerstars können tendenziell leichter glänzen als Abwehrrecken.
Für mehr Komfort in der Verteidigung sollen neue Spielerwechsel-Optionen sorgen, namentlich der »Icon-Wechsel«. Wer in der Defensive auf den rechten Stick drückt, bekommt kleine Richtungs-Icons über den vier am besten positionierten Mitspielern angezeigt und kann durch die Wahl einer Richtung flott zum Wunschspieler wechseln; in der Praxis empfand ich das als gewöhnungsbedürftig, doch generell ist die Option willkommen.
Ein interessantes Detail ist die neue »Mitspieler-Zustellen-Ausdauer«: Das klingt kompliziert, betrifft aber eigentlich nur die Fähigkeit eurer Teamkollegen, einem Gegner (nach Druck auf die RB/R1-Taste) auf die Pelle zu rücken. Diese Hilfestellung ist wegen der neuen Ausdauer nicht mehr unbegrenzt verfügbar - in dieser Hinsicht erschöpfte Sportler müssen etliche Sekunden warten, bis sie die Aktion wieder ausführen können.
Beim Torhüterspiel bemerkt man auch Veränderungen: Das betrifft nicht zwingend die Strafraumbeherrschung bei hohen Bällen oder das Einleiten von Kontern, sondern macht sich auf der Linie bemerkbar. Die Animationen sind, zumindest bei den großen Namen zwischen den Posten, näher dran an ihren realen Vorbildern, zudem lenken sie manchen Ball besser über die Latte als in FIFA 21 oder fischen ihn durch Übergreifen aus dem Winkel.
So spielt sich die Next-Gen-Version
Nicht immer verstecken sich hinter wohlklingenden Feature-Namen spürbare Änderungen im Praxisbetrieb, doch das Fehlen der ganzen»HyperMotion«-Neuerungen sieht man der PC-Fassung von FIFA 22 extrem an. Nach einem kompletten Wochenende mit der PC-Version von FIFA 22 starte ich die PS5-Fassung und muss mir fast die Augen reiben.
All diese grafischen Details bei den Nahaufnahmen der Spieler (Haare, Tattoos, Trikots), das hübscher reagierende Tornetz, die dynamischere Positionierung der Sportler und natürlich die realistischeren, wuchtigeren Animationen wirken wie aus einem anderen Spiel.
Das bringt die Energie des Sports besser rüber, Tore und Zweikämpfe fühlen sich satter beziehungsweise ruppiger an; auch das Gewicht des virtuellen Balls gefällt mir in der Next-Gen-Version besser. Alles Augenwischerei und Grafik-Zauber? Jein. Dank dieser Upgrades spielt sich FIFA 22 auf einer PS5 wesentlich besser, wirkt moderner und fühlt sich mehr nach einem Nachfolger an, für den man als Spieler auch gewillt ist, den Vollpreis zu bezahlen.
Volta zum dritten
Auch FIFAs Straßenfußball Volta bekommt bei der 22-Version ein paar Neuerungen spendiert: Auf dem Platz fühlt sich der Kick noch tricklastiger an und ungezwungener an - letzteres liegt sicher auch daran, dass EA das Chemie-System zwischen den Spielern entfernt hat.
Je nach Teamgröße und Regelwerk (zum Beispiel auch Futsal, wo mit Aus gespielt wird) entstehen durchaus coole, rasante Partien, in denen geübte Spieler ihre Gegner regelrecht auseinandernehmen. Andererseits nerven mich der Hang zu Stolperern und die teilweise Slapstick-artigen Kollisionen. Und dann ist da noch der Look: Warum müssen fast alle Volta-Sportler wie Hipster-Sims oder die Hackerbande aus Watch Dogs 2 aussehen?
Gut finde ich, dass der selbst erstellte Avatar von Beginn an ein bisschen mehr draufhat, schade ist dafür der Wegfall der Volta-Story. Die war zwar schon in FIFA 21 überschaubar - aber letztlich doch ein kleiner Mehrwert für Einzelspieler.
Den neuen »Spiel mit deinen Freunden«-Fokus unterstreichen die Minispiele des Volta-Arcademodus; seltsamerweise ist diese Spielvariante nur am Wochenende verfügbar. Hier beharken sich vier Onlinespieler in bunten Fußball-Minigames, die mich an die (20 Jahre alten) Trainingsdisziplinen aus Virtua Tennis erinnern.
Mal schießen alle Sportler durch Ringe, um Punkte zu bekommen, mal dribbelt man über Felder, um sie einzufärben; in der nächsten Runde bolzt man den Ball in Tennis- und Squash-ähnlichen Minispielen über den Platz. Das sieht nett aus und macht mit Freunden Laune, besonders ausgereift finde ich die einzelnen Disziplinen aber nicht.
Karrierechancen bei FIFA 22
Recht überschaubar sind die Veränderungen im Karrieremodus, aber es gibt sie: Man kann nun einen eigenen Verein von Grund auf erstellen, inklusive Name, Wappen, Trikots und Co., anschließend zudem das Stadion anpassen und sich für eine Liga entscheiden. Schön, dass das geht - der große Wurf ist es aber nicht.
Neben dem Verbessern eines selbst erstellten Spielers via Fähigkeitenbaum gibt es nun knapp 30 sogenannte »Vorteile«, die man im Spielverlauf freischaltet; mit bis zu dreien darf man seinen Spieler dann aufmotzen. Diese Vorteile werden automatisch ausgelöst, wenn man eine bestimmte Bedingung erfüllt hat (zum Beispiel eine Torvorlage) - es winken unter anderem kurzzeitig verbesserte Passwerte, präzisere Flanken oder stärkere Standard-Ausführungen. Andere, defensivere Gimmicks sind ein Verteidigungsboost, wenn man letzter Mann ist, oder ein schnelleres Herauslaufen des Keepers.
Je nachdem, ob ihr die Karriere mit einem Star, einem selbstgebauten Kicker oder mit Trainerfokus startet, warten diverse Feinheiten, die man teilweise aus den Vorjahren kennt: Der nahtlose Übergang von der wie in einem Managerspiel präsentierten Simulation zum Eingreifen auf dem Platz ist erneut sehr angenehm, hier kann man viel Zeit sparen und nur intervenieren, wenn das eigene Team in Rückstand gerät.
Neu ist die Option, dass man bei schwankenden Leistungen erstmal auf der Bank sitzt und erst spät als Joker eingewechselt wird - das verringert das Zeitfenster, in dem man glänzen kann, bildet andererseits die Realität aber treffender ab als bisher.
Die ebenfalls neuen Szenen aus der Kabine, die nach dem Match eingeblendet werden, gehen zwar als kleines Atmosphäre-Plus durch, besonders schick sind sie auf dem PC allerdings nicht. Gut gefallen mir die vielen Statistiken und detaillierten Heat-Maps, die meinen Einfluss auf dem Platz visualisieren.
Zu guter Letzt freut mich die neue Anzeige von »Expected Goals«-Werten nach dem Abpfiff. Wer sich tiefergehend mit Fußball befasst, kennt diese Kennziffer aus anspruchsvollen Spielanalysen. Mit dem Expected-Goals-Modell wird verdeutlicht, wie viele gute Chancen ein Team hatte und ob es sich beim Abschluss über- oder unterdurchschnittlich gut angestellt hat.
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