Disintegration wagt einen spannenden Genre-Spagat: Es mixt einen Shooter mit Elementen aus taktischen Echtzeit-Strategiespielen und verpackt all das in einer düsteren Story rund um eine ferne Zukunft, in der Menschen ihre Gehirne in Roboter "integriert" haben.
An so einer ungewöhnlichen Shooter-RTS-Mixtur haben sich zwar schon früher Spiele wie Battlezone oder C&C: Renegade versucht, aber lange konnte uns kein Kandidat mehr so positiv überraschen wie Disintegration, denn es setzt seine Genre-Mix-Prämisse ganz hervorragend um. Dummerweise verschenkt das Spiel dann aber wiederum jede Menge Potenzial bei Story, Missionsdesign und Präsentation.
Roboter bekämpfen Roboter
In Disintegration schlüpfen wir in die Rolle von Romer Shoal, einem Roboter mit einem menschlichen Verstand. In der düsteren Zukunftsvision des Spiels haben viele Menschen ihre Bewusstsein in Maschinen hochgeladen (die sogenannte Integration), andere sträuben sich gegen den Upload in einen Roboterkörper - die Folge sind politische Unruhen.
Als Romer unterstützen wir nun den Widerstand gegen die Reyonne, eine böse Robo-Gruppierung, die wir im Spiel auch als die "Rotaugen" vorgestellt bekommen. Für den Menschen-Revoluzzer Waggoner übernehmen wir das Kommando über unsere kleine Rebellentruppe, die jedoch (bis auf eine Ausnahme) aus Integrierten besteht.
In den zwölf Missionen der Story-Kampagne fliegen wir mit einem sogenannten Gravcycle (das ist quasi ein schwebendes Motorrad mit dicken Kanonen, dafür ohne Räder) durch lineare Level und feuern auf überall lauernde Gegnergruppen. Zusätzlich haben wir allerdings (fast) immer einen bis drei KI-Roboter im Schlepptau, die unter uns herlaufen und ebenfalls unsere Gegner ins Visier nehmen.
Disintegration schafft einen fantastischen Genre-Mix
Die direkte und unmittelbare Verbindung von Schießereien und Befehlen, die wir unseren RTS-Helferlein geben, stellt dabei ganz klar die größte Stärke von Disintegration dar. Denn während wir mit der linken Maustaste selbst unser Schießeisen abfeuern, können wir mit der rechten Maustaste unser Team befehligen und so zum Beispiel unsere gesamte Angriffskraft auf einen Feind konzentrieren oder eine Truhe mit Schrott (die Währung für Levelaufstiege) von einem unserer Robo-Freunde öffnen lassen.
Das gleichzeitige Schießen, Taktieren und Befehligen beherrschen wir nach einem simplen Tutorial in Windeseile, und von da ab gibt uns Disintegration ständig das Gefühl ein super taffes Roboter-Einsatzkommando zu kontrollieren. Gerade weil unsere KI-Helfer meist auch ohne unsere Anweisungen recht schlau mitarbeiten, machen die Kämpfe durchgängig Laune und erlauben gleichzeitig einige Freiheiten.
Wer sich selbst das Leben schwer machen möchte, kann einfach allein alles wegballern und auf die RTS-Elemente pfeifen. Oder aber man bindet seine Kameraden regelmäßig ein, aktiviert ihre Spezialfähigkeiten (Mörserbeschuss, Granaten, Verlangsammungsfeld etc.) und besiegt seine Gegner damit deutlich effektiver und schneller.
Multiplayer als willkommener Bonus
Neben der Solo-Kampagne bietet Disintegration auch einen Mehrspieler-Modus, in dem wir mit unserem Gravcycle und unseren KI-Helfern in drei Modi antreten können, die an bekannte Match-Typen wie Team-Deathmatch, Capture the Flag und Herrschaft angelehnt sind. Technisch liefen unsere Multiplayer-Test-Sessions gegen andere Spiele-Journalisten und Entwickler einwandfrei. Die Gefechte gegen menschliche Gegner, die ihre eigenen Gravcycles und Robo-Crews kommandieren, liefern noch einmal eine ganz andere Herausforderung als die Singleplayer-Gefechte gegen die KI. Das Ganze macht also durchaus Laune und stellt eine nette Dreingabe zur Solo-Kampagne dar, den Markt der Multiplayer-Shooter wird Disintegration damit aber sicher nicht revolutionieren.
Warum kämpfen wir eigentlich?
Die Schießereien sind durch gutes Waffenhandlung und Treffer-Feedback sehr befriedigend. Man merkt, dass Chef-Designer Marcus Lehto auch beim SciFi-Shooter-Klassiker Halo seine Hand im Spiel hatte. Mit den Blockbuster-Kampagnen von einem Call of Duty oder Doom Eternal kann Disintegration damit zwar nicht mithalten, aber es will ja auch eher mit seinem Genre-Mix überzeugen als mit opulenter Inszenierung und dramatischen Kriegsgeschichten.
Genau hier liegen allerdings auch die Schwachpunkte von Disintegration. So viel Spaß es auch macht, sich mit dem Gravcycle durch den Dauerbeschuss der gegnerischen Roboter zu schlagen und dabei die Schaltkreise von jeder Menge kleinen, aber auch einigen mehrere Stockwerke großen Riesen-Mechs auszuknipsen, einen triftigen Grund für unseren Feldzug liefert uns das Spiel im Grunde nicht.
Während den ersten Story-Missionen wissen wir überhaupt nicht so richtig, warum und gegen wen wir gerade kämpfen. Erst ab der Hälfte der Kampagne kommt langsam ein motivierender roter Faden in die Handlung.
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