Laßt uns mal wieder „Rescue on Fractalus!“ spielen!

Von Software-Pirat · 6. Februar 2022 · ·
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  1. Es gibt diese Spiele-Hersteller, die dank ihrer Spiele einen legendären Ruf haben. Blizzard gehört dazu, genauso, wie Rockstar, wobei die gerade dabei sind, diesen zu verspielen. Dann gab es da ja noch die Bitmap Brothers, die Westwood Studios und natürlich Factor 5. Sicherlich zu dieser Riege dazuzuzählen ist auch Lucasfilm Games, die später bekanntlich zu LucasArts wurden. Und dies natürlich vollkommen zu Recht, denn ausnahmslos alle Spiele, die unter dem Markenname Lucasfilm Games (und natürlich auch die ersten unter LucasArts) veröffentlich wurden, sind etwas Besonderes. Sei es wegen der Qualität, wie z.B. bei den Flugsimulatoren Battlehawks 1942 oder Their Finest Hour: Battle of Britain, oder natürlich den ganzen Adventure-Spielen, oder weil das Spielprinzip so ungewöhnlich ist, wie bei dem Jump’n’Run Nightshift. Und die allerersten Spiele Ballblazer und Rescue on Fractalus begeisterten durch eine für die damalige Zeit unglaubliche Technik.

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    Vegeßt den Steam- oder Origin-Launcher, oder was weiß ich! Die einzige wahre Methode ein Spiel zu startet, seht ihr hier!

    Rescue on Fractalus! (das ! ist Teil des Namens) war das zweite Spiel von Lucasfilm Games und erschien 1984 zuerst auf der Spielkonsole Atari 5200 und auf den 8-Bit Atari-Heimcomputern, wie dem Atari 400 und dem Atari 800. 1985 folgten dann Umsetzungen auf andere damalige Heimcomputern, wie dem Amstrad CPC, dem Apple II, ZX Spectrum, dem Tandy TRS-80 Color Computer und natürlich auch dem legendären Commodore C64. Leider gab es nie eine Umsetzung für die 16Bit-Systeme, wie dem Atari ST und meinen geliebten Amiga. Laut dem englischen Eintrag bei Wikipedia wurde eine Amiga-version 1991 angekündigt, allerdings nie veröffentlicht. Auch eine Fortsetzung war zumindest mal angedacht. Return to Fractalus hätte in Zusammenarbeit mit Factor 5 entstehen sollte und auf den Amiga erscheinen sollen. Allerdings erwies sich wohl das angedachte Konzept auf der damaligen Hardware nicht realisierbar. Auch der PC blieb außen vor. Entsprechend mußte ich auch für diesen Blogbeitrag auch etwas um planen und mich in die Welten der 8-Bit Computer begeben. Außererwählt wurde diesmal die C64-Verison. Mangelns eines echten C64er mußte ich allerdings auf einen Emulator zurückgreifen, da gibt es ja mit VICE einen ziemlich guten.

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    Der Start aus dem Tunnel unseres Mutterschiffes. 1984 sah dies so aus.

    Spiele startet man heute, indem man ein Icon zweimal schnell anklickt. Nun, stimmt nicht ganz, man muß das Icon eines Launchers zweimal schnell anklicken und dann aus einer Liste, das Spiel aussuchen und dieses anklicken. C64-Spiele startete man, indem man eine Diskette bzw. Kassette einlegte und dann LOAD“$“,8 eintippte, anschließend eine Weile wartete, bis das Spiel eingeladen war, oder man feststellen mußte, daß die Diskette einen Fehler hatte. Letzteres ist natürlich blöd, mir gehen aber mal davon aus, daß die Diskette (oder in meinen Fall das Disk-File) keinen Fehler besitzt.

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    Sieht aus, wie in Star Wars! Unsere Valkyrie im Anflug auf den Planeten Fractalus.

    So, um was geht es in Rescue of Fractalus!? Nun, es geht darum auf dem Planeten Fractalus abgestürzte Piloten zu bergen und zu retten, die dort von dem bösen Jaggies - ein „intelligentes“ Volk vom Sternsystem Tepdi Vad Neroleil Rahcre, das eigentlich J’hagga Ri Kachatki heißt - abgeschossen wurden. Dazu startet man automatisch mit seinem Raumgleiter, eine Modified Valkyrie, vom Mutterschiff aus, daß sich im Orbit um Fractalus befindet, und fliegt, ebenfalls automatisch auf den Planeten. Dort übernimmt der Spieler die Kontrolle und steuert den Raumgleiter durch tiefe Schluchten und Täler eines (fraktalen) Gebirges, auf der Suche nach den gestrandeten Piloten. Gelegentlich auftretende feindliche Abwehrgeschütze und Jäger erwehrt man sich durch den Einsatz der eigenen Bordkanone, laut Handbuch eine Anti-Matter Bubble (AMB) Torpedo generator. Findet man einen der Piloten, sollte man möglichst in der Nähe den Landeprozeß einleiten, der Raumgleiter landet dann automatisch. Der Pilot kommt dann angerannt. Damit er aber einsteigen kann, muß man vorher die Schilde mit einem Druck auf die S-Taste deaktivieren. Damit kann der Pilot aber immer noch nicht einsteigen, die die Luftschleuse ist ja noch zu. Die Piloten der damaligen Zeit waren wohl höfliche Menschen und klopften brav an. Beim Öffnen der Schleuse sollte man aufpassen, denn die A-Taste liegt auch auf der C64-Tastatur direkt neben der S-Taste und die Schilde einzuschalten, während der Pilot auf Einlaß wartet, endet tödlich.

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    Pilot in Sicht! Schnell die Schilde ausschalten und die Luftschleuse öffnen! Doch Halt! Ist das wirklich ein Pilot?

    Aufpassen heißt es auch, daß man wirklich neben einem Piloten landet, denn auf der Oberfläche tummeln sich nicht nur abgeschossene Piloten, sondern auch Jaggies. Läßt man die zu nahe an das eigene Schiff heran, hauen die einen den ganzen Gleiter zu Brei. Da hilfst es nur noch, schnell die Schilde wieder zu aktivieren, was denn Jaggie übrigens auch tötet. Besonders schlimm wird es aber, wenn man im Übereifers bereits die Luftschleuse geöffnet hat. Denn dann dringt der Jaggie gleich ins Raumschiff ein, was unwiederbringlich mit dem GameOver bestraft wird. Bei genügend Punkte darf man sich dann immerhin in die Highscore-Liste eintragen.

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    Nein, es ist ein schrecklicher Jaggie! Und der schlägt jetzt unser Raumschiff zu Brei! Schnell die Schilde wieder einschalten, was aber den armen Jaggie tötet. PS: Zum Glück haben wir die Schleuse noch nicht geöffnet.

    Hat man genug menschliche Piloten gerettet, kann man die Booster zünden und zurück zum Mutterschiff fliegen. Der Flug zurück passiert dann automatisch. Einmal angekommen, wird der Raumgleiter repariert und es geht per Aufzug in den nächsten Level.

    Soweit zum Spiel, aber was macht Rescue on Fractalus! so besonders? Nun, da wäre zum einem, wie es der Name des Spieles bereits andeutet, die 3D-Grafik. 3D-Grafik ist ja heutzutage eine Alltäglichkeit, damals war sie aber etwas Besonderes, weil die Hardware einfach zu beschränkt war. Es gab sie aber trotzdem, realisiert mit Drahtgitter- oder Polygonmodellen. Rescue on Fractalus! setze aber auf Fraktale. Dabei handelt es sich um mathematische Objekte, die durchaus aus nicht-ganzzahligen Dimensionen bestehen können. Das bekannteste Beispiel ist wohl die Mandelbrot-Menge, auch als Apfelmännchen bekannt, die nach dem französisch-US-amerikanischen Mathematiker Benoît Mandelbrot (1942 – 2010) benannt ist. Ohne zu sehr ins Teil zu gehen, diese Art der Grafik erlaubte es, Objekte zu erstellen, die einen „ausgefransten“ Rand besaßen, was Landschaften ein realistischeres Aussehen gab. Tatsächlich wirken beim Blick aus dem Cockpit (es gibt nur eine Cockpitansicht) die Schluchten und Täler in Rescue on Fractalus! auch in ihrer Form deutlich realistischer, als z.B. die pyramidenförmigen Berge in Gunship 2000 mit ihren glatten Oberflächen. Der Start vom Mutterschiff sieht aber wirklich gewöhnungsbedürftig aus. Dafür wirkt der Anflug auf den Planeten Fractalus aber schon durchaus eindrucksvoll.

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    Pilot in Sicht! Und keine Bange, diesmal ist es wirklich ein menschlicher Pilot, erkennbar an den weißen Kopf.

    Die Fraktalgrafik ist dann auch angenehm flott, wobei unter angenehm man eine gefühlte FPS-Rate von 5 verstehen muß. Wahrscheinlich trügt hier aber das Gefühl, die FPS-Rate dürfte in der Realität durchaus bei 10 liegen, oder so. Aber jetzt mal ganz im Ernst, wirklich geschmeidig und flüssig läuft die Grafik, wie man es von heutigen Spielen kennt, nun wirklich nicht. Die Grafik läuft leicht ruckelig, aber immer mit konstanter Geschwindigkeit und durchaus spielbar. Zudem finde ich es schwierig, die Entfernung zu den Bergen einzuschätzen, was wohl auch Lucasfilm Games aufgefallen ist. Im Cokcpit gibt es deswegen auch entsprechende Abstandsbalken, welche Anzeigen, wieviel Platz unser Raumschiff noch hat.

    Beim Schmökern bzw. der Recherche, wie es offiziell heißt, in alten Testberichten der Happy Computer auf kultboy.com sah ich, daß die Atari-Version die schnellste und die C64-Variante eher zu den langsameren gehören soll. Nehmen wir mal an, daß es so stimmt. Abgesehen davon, nach einer kurzen Eingewöhnung hat man die Steuerung auch im Griff. Das ist auch notwendig, denn die Abwehrstellungen und Jäger der Jaggies schießen scharf. Die wenigen Tastaturbefehle hat man zudem schnell auswendig gelernt und man kann sich bald auf den Scanner konzentrieren, um die Piloten und ihre abgestürzten Raumschiffe zu orten.

    Und macht das alles heute noch Spaß? Nun… na ja… sagen wir mal ja. An die gefühlten 5 FPS muß man sich gewöhnen. Wer das nicht kann, der ist gleich raus. Wer diese Herausforderung aber meistert, und durchaus offen für Bildschirme mit maximal 16 Farben und geringer Auflösung ist, spürt relativ schnell, warum Rescue of Fractalus! damals so gut ankam. Für ein Spiel dieser Ära ist Rescue on Fractalus! relativ abwechslungsreich. Das heißt aber nicht, daß sich nach einer gewissen Weile sich das Gameplay nicht wiederholt. Das Spiel ist doch, nach heutiger Sicht, ziemlich repetitiv und eigentlich macht man immer dasselbe. Jaggies abschießen, Piloten retten, zurück zum Mutterschiff. Nach einer halben Stunde hat man alles gesehen und nur der Schwierigkeitsgrad wird halt immer höher und relativ schnell auch ziemlich heftig. Insgesamt gibt es 99 Level, von denen die ersten 16 immerhin anwählbar sind.

    Positiv zu erwähnen sind sicher die netten Animationen der Piloten, wie sie auf die Valkyrie zu rennen, begleitet von netten Schrittgeräuschen. Oder der Klang, wenn die Piloten anklopfen. Auch wenn plötzlich so ein Jaggie vor dem Cockpit auftaucht, sieht das auch ganz witzig aus. Es stecken durchaus ein paar gute Ideen in dem Spiel. Außerdem kann man herrlich gemein sein, wenn man zum Beispiel den Schalter für die Luftschleuse nicht findet, und der Pilot an selbe klopft und man schließlich den Schalter für die Schilde findet… würde natürlich keiner machen, also mit Absicht. Klar vieles spielt sich im Kopf ab, aber das war zu dieser Zeit, als auch noch Textadventure gespielt wurden, ja vollkommen normal.

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    Im Mutterschiff wählen wir per Aufzug den Level. Insgesamt soll es 99 Levels geben.

    Rescue on Fractalus! braucht ein Remake! Unbedingt! Aber das Spiel muß deutlich erweitert werden, mit echten Missionen, einer Kampagne und viel mehr Abwechslung und Szenarien. Ich stelle mir da Elemente aus Wing Commander vor, wie die Schiffsbar, oder die Kabine aus X-Wing Alliance, einschließlich eines C64 in der Ecke, wo man das Original-Spiel spielen könnte. Und vielleicht auch könnte man auch einbauen, daß man selber abgeschossen werden kann und sich dann auf der Planetenoberfläche vor der Jaggies verstecken muß, bis man selber gerettet wird. So, wie in eine Art Survival-Spiel. Angst haben, daß man von den Jaggies gefangen wird, müßte man sich dann auch nicht machen, weil laut Handbuch die Jaggies keine Gefangen machen. Also, macht euch da keine Sorgen!

    Das alles klingt sehr schön, wird aber mit ziemlicher Sicherheit nicht passieren. Ich glaube sogar, daß Disney gar nichts weiß, daß sie die Rechte an Rescue on Fractalus! haben bzw. daß es so ein Spiel mal gab. Immerhin gibt es ein Fan-Remake von dem Spiel, ein Video und den Link zum Download gibt’s hier: https://www.youtube.com/watch?v=TFsdyCbM5no

    Das Fan-Remake ist wohl auch die einzige Möglichkeit, Rescue on Fractalus! heutzutage mal auszuprobieren, wenn man nicht auf diversen, vermutlich nicht wirklich legalen Retro-Seiten Diskfiles runterladen will und Spaß an Emulatoren hat. Natürlich gibt es das Spiel weder auf Steam, noch auf GOG.com, 8-Bit-Spiele werden da wohl regelmäßig ignoriert.

    Fazit: Rescue on Fractalus! wird wohl den meisten heutigen Spielern wohl in tiefe Trauer versetzen, wenn sie es spielen müßten. Nur Retro- und 8-Bit-Fans werden an dem Spiel noch ihre Freude habe. Dazu sind die Zeit und der technische Fortschritt wohl zu weit fortgeschritten. Das ist schade, denn Rescue on Fractalus! war zu seiner Zeit ein Meilenstein, sowohl technisch, als auch spielerisch. Schon unglaublich, wieviel Spaß man damals mit nicht einmal 165 kByte schaffen konnte.

    Über den Autor

    Software-Pirat
    Irgendwann bekam der Software-Pirat mal einen NES zu Weihnachten geschenkt, obwohl er sich bislang für Video-Spiele nicht interessierte. Aber von da an ging es los. Später kam noch ein Amiga 500 ins Kinderzimmer, dann einen Amiga 1200. Ein PC gab es erst später. Seitdem gehören PC-Spiele zum Hobby des Software-Piraten.

Kommentare

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  1. Silent Hunter
    Wenn es noch nicht ebenfalls auf des Liste ist: "The Eidolon" ist der dritte (und meines Wissens nach letzte) Vertreter der Fraktalgrafik-Serie.
    1. Software-Pirat
      Ne, steht auch noch nicht auf der Liste. Aber werde ich mir vormerken... Tja, jetzt müßte man noch Zeit haben.
  2. Silent Hunter
    Fortgesetzt wurde die Fraktalgrafik dann mit "Koronis Rift", welches schon fast Anklänge einer Lootspirale zeigte (allerdings nicht zufällig verteilt).
    1. Software-Pirat
      Korinis Rift? Schreib ich mal auf meine Liste!
      Silent Hunter gefällt das.
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