Böse oder nicht böse...das ist hier die Frage.

Von Sir Hurl · 24. Juni 2017 ·
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  1. Da es gerade auf Gamestar.de eine Artikel-Serie über "Das Böse" gibt, welche ich äußerst interessant finde, möchte ich hier gerne eine Diskussion über dieses Thema starten, welche nicht im Kommentarbereich untergeht.

    Ich frage mich immer, wieso böse Charaktere immer so klischeebehaftet sind. Das Böse wird in Filmen und Spielen immer wieder als geisteskrank, tragisch, überdreht, extrem gekleidet, äußerst brutal oder sehr gesprächig dargestellt.
    Nehmen wir zum Beispiel einen Killer. Der muss nicht düster schauen, seinen Opfern Monologe halten, verzweifelt sein oder nicht mehr alle Tassen im Schrank haben.
    Ein Killer kann seinen Beruf doch als stinknormal empfinden. Er kann sich normal kleiden, ein netter Kerl sein, der mit Freunden in Kino geht oder abends abhängt. Er hält keine ausschweifenden Dialoge, hat keine dramatischen Auftritte, sondern macht einfach schnell seinen Job, damit er Rechtzeitig Mittagspause machen kann.
    Nur weil der Zuschauer im Kino oder Spieler alle 2 Minuten daran erinnert werden muss, wer hier das Böse darstellt, entstehen solche Klischees.

    Das "Böse" muss ja auch nicht immer "böse" sein. Wir empfinden ja vieles als Böse, weil es nicht unseren Vorstellungen, Erwartungen oder Erziehung entspricht. Wer "böse" handelt, handelt vielleicht so, weil er es gar nicht anders kennt? Vielleicht empfindet diese Person unser handeln als "böse".

    Ein extremes Beispiel: Unsere Gesellschaft empfindet einen Massenmörder als extrem böse. Aber vielleicht sieht der Massenmörder uns als das Böse an, weil wir die Erde mit einem extremen Fortpflanzungstrieb überbevölkern. Da der Mensch kaum noch natürlich Feinde hat, kann er sich ungezwungen vermehren, Ökosysteme zerstören, Resourcen auf Kosten anderer Lebewesen plündern, usw... Aus einer neutralen Perspektive sind eigentlich Eltern, die weiterhin Kinder auf die Welt setzen und unser Wunsch einen gewissen Lebensstandard zu halten etwas böses im Sinne unseres Verständnisses von Natür und ökologischen Kreisläufen. Und der Massenmörder vollbringt eigentlich etwas Gutes in diesem Sinne.

    Man kann also sagen, dass man niemanden ansehen kann, ob er "böse" ist, weil man das Böse erst einmal genauer definieren muss. Es sei denn, dass man das Böse grundsätzlich flexibel definieren will...je nach Kultur und Erziehung.
    Fazit wäre: Jeder ist böse, der meine Erwartungen des "Guten" nicht erfüllt. Und die individuellen Erwartungen anderer zu erfüllen ist das schwierigste überhaupt. Frei nach dem Motto: Tickst du nicht wie ich es gerne hätte, bist du böse!

    Was denkt ihr über das "Böse"? Wie definiert ihr es? Würdet ihr euch eher als bösen oder guten Menschen bezeichnen, wenn ihr die Möglichkeit hättet ganz neutral und ohne moralische Vorbelastung euch selbst zu beobachten?

    Über den Autor

    Sir Hurl
    Ich spiele seit 1979 Computerspiele und seit 1990 LARP.
    <br/>In Spielen findet man mich unter dem Nick SirHurl.
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Kommentare

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  1. Nick2000
    "Das Böse" an sich gibt es ja nicht. Menschen können m.E. auch nicht "böse" oder "teuflisch" sein, das sind ja nur erfundene Adjektive für Menschen, die entweder aufgrund psychischer Störungen oder aus irgendeiner Motivation heraus (z.B. Berechnung, Gier, Eifersucht, aber auch Liebe oder Notwehr/Nothilfe) "schlimme" Taten begehen. Selbst ein Mörder hält sich im Allgemeinen selbst nicht für "böse", selbst wenn er seine Tat bereut (so ist es zumindest bei "gesunden" Menschen).

    Nehmen wir z.B. mal Hitler oder Stalin. Nach der Definition der überwiegenden Mehrheit aller Menschen dürften diese beiden Personen dem "puren Bösen" wohl am nächsten kommen. Sie selbst haben sich aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht als böse Menschen gesehen, sondern wahrscheinlich eher als Menschen, die aufgrund ihrer Vision für ihr Land (im Interesse aller und zugunsten aller) schlimme Taten begehen müssen, um das große übergeordnete Ziel erreichen zu können und ihr Volk "zu erlösen".

    Was ich sagen will: Menschen sind nicht gut oder böse oder mittelgut oder mittelböse, sondern Menschen sind einfach Menschen. Ein Möder wird nicht eher wieder zum Möder, weil er schon einmal getötet hat (also weil er böse ist), sondern weil Menschen nach ihrem jeweiligen Wesen in vergleichbaren Situationen nun einmal ähnlich reagieren. Wenn etwas bewertet werden kann, dann die jeweilige Tat an sich. Aber eine generelle Klassifizierung á la "Das ist ein guter/böser Mensch", sowas ist meiner Meinung nach nicht möglich.

    (Bringt ja auch nichts: Der User aus dem ersten Beitrag empfindet seine Mobber natürlich als böse, während deren Eltern mit Sicherheit sagen würden, dass ihre Kinder grundsätzlich gut geraten sind und es sich nur um typische Rangeleien unter Schulkindern handelt, die man nicht so ernst nehmen soll. Liegt also immer im Auge des Betrachters. Ich glaube, man kann nichts finden, wo wirklich jeder Mensch sagen würde: Die/der ist gut oder böse. Es wird immer einen Teil geben, der das genau anders herum sieht.)
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  2. Sir Hurl
    Ich hoffe, diese Aussage war nicht ernst gemeint. Lese bitte nochmal meinen Text. Hier versucht niemand irgendwas schön zu reden.
    PS: Vermutlich von dir ungewollt gibst du mit deinem Text übrigens ein gutes Beispiel für den extremen Einfluss von Erziehung, Moral und Gesellschaftszwang bei der Definition von "Böse". :-)
  3. Sir Hurl
    Jep, provokante und extreme Beispiele dienen ganz gut etwas klar zu schildern. Schließlich sollen die Beispiele Denkanstöße sein und man soll sich klar werden, über was wir hier diskutieren.
  4. Reddok
    Jetzt übertreib mal nicht. Ja, seine Beispiele sind vielleicht ein bisschen komisch (und extrem), aber ich verstehe sie.

    Wenn Mutter Natur ein Bewusstsein hätte, würde sie uns Verfluchen ;)
    Nicht nur das, falls wir es nicht schaffen, uns rechtzeitig mehr Lebensraum zu schaffen, sind wir unser eigener Untergang.
  5. Adros
    Du versuchst hier gerade ernsthaft Massenmörder als was Gutes darzustellen?

    Solche Gedankenakrobatik muss man erst einmal zustande bringen. ^^

    Das sind typische Gehirnwäsche-Methoden der Satanisten.



  6. Sir Hurl
    Wie ich bisher rauslesen kann, ist das "Böse" eine sehr subjektive Sache. Mein Gegenüber könnte ein komplett anderes Weltbild haben als ich selbst und das "Böse" komplett anders definieren.
    Es ist in der Tat sehr schwer, sich selbst komplett neutral zu bewerten. Dazu muss man absolut nüchtern und logisch seine Kultur und Moral ignorieren. Aber wenn man dies macht, dann würde es nichts böses geben... und auch nichts gutes. Sobald ich festlegen muss, dass etwas böse ist, verlasse ich die neutral, nüchterne Bewertung und ich wechsel zu einer egoistischen Erwartungshaltung, die auf meine Bedürfnisse und Erfahrung beruht.
    Wichtig wäre vielleicht auch noch festzulegen, wie weit man das Resultat einer Handlung ausdehnen möchte. Wenn ich mit einer Handlung etwas böses oder schlechtes unterstütze, bin ich dann auch schlecht?
    Wenn ich mit einer Spende oder mit einer aktiven Hilfe ein Heilmittel gegen Krankheiten erfinden würde und es kostenlos anbieten würde, wäre ich dann nicht ein unheimlich böser und schlechter Mensch, weil die Folge daraus wäre, Überbevölkerung, Kriege durch Resourcenknappheit und Nahrungsmangel, finanzielle Überbelastung der Staaten, weil sie zum Beispiel keine Rente zahlen können, da die Menschen zu alt werden.
    Anfänglich als allgemein für "gut" gehalten, wird dann ganz schnell etwas ziemlich böses.
    Was wir aber vermutlich sicher festmachen können ist: Es gibt nichts schlimmeres, was man einem Menschen antun kann, als nicht seine Erwartungen zu erfüllen. Man erwartet immer Dinge von anderen Menschen, die mir gut tun. Wünsche mir einen guten Tag und ich fühle mich gut. Bedanke dich und mir gefällt es. Schlage nicht meine Angehörigen und ich bin zufrieden. Und selbst wildfremde Menschen haben gefälligst das zu tun, was man von ihnen erwartet. Zum Beispiel soll er mich nicht überfallen. Selbst Beziehungen bestehen im Grunde nur aus Erwartungen, die man von seinem Parter erfüllt haben will.

    Der schmale Grad dabei in die "böse" Schiene zu rutschen ist unsagbar klein und es gibt noch nicht mal die Möglichkeit "böse" Taten gegen "gute" Taten aufzuwiegen. Ich war 10 mal "gut" und nur 2 mal "böse" läuft nicht. Das "Böse" wiegt viel, viel mehr und bleibt meist stärker in Erinnerung als die "guten" Taten.

    Um sich das Leben einfacher zu machen, sollte man sich vielleicht direkt als bösen Menschen bezeichnen, denn für jemanden ist man immer das personifizierte Böse. :-)
  7. Reddok
    Ja, oder wenn man mal einfach nur einen Bösen spielen will, nur um böse zu sein ;)

    Eine einfach zu verstehende Botschaft ist meist effektiver als eine komplizierte. (No shit Sherlock!)
      1 Person gefällt das.
  8. DanieD00
    +1

    Ich finde es sowieso besser, wenn Bösewichte in Spielen einfach nur den Klischeebösewicht darstellen. "Er ist böse, weil er böse ist." sozusagen. Das reicht mir ehrlich gesagt schon. Ich hab ein Ziel, und das lautet, den Bösewicht zu besiegen, denn ich bin der Gute in der Geschichte. Ich hab nichts dagegen, wenn Bösewichte etwas interessanter gestaltet sind (bspw. Artorius aus Tales of Berseria, gutes Spiel übrigens, wer Animes mag), meist reicht mir aber ein einfach gestrickter bereits aus.
  9. Reddok
    Ja, ein interessantes Thema.

    Erinnert mich ein bisschen an Attack on Titan ("Menschen die mir nicht nutzen, emfinde ich als Böse"); Assassins Creed (Assassinen und Templer wollen das gleiche, aber mit unterschiedlichen Mitteln);
    oder Bioshock 2, wo man seiner Tochter beibringen kann, um jeden Preis zu überleben, egal wie hoch die Kosten sind.

    Allerdings haben - meiner Meinung nach - auch Klischeebösewichte eine daseinsberechtigung. Vor allem in Spielen wie Dungeons (bzw. Dungeon Keeper), oder Overlord.
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  10. DanieD00
    "Fazit wäre: Jeder ist böse, der meine Erwartungen des "Guten" nicht erfüllt."

    Und mehr ist es glaube ich auch nicht. Spontan hätte ich jetzt die selbe Definition geschrieben.

    Ich finde, das ist ein relativ schwieriges Thema. Ich denke, das Böse gehört einfach zum Leben hinzu, einfach zu allem. Nur kannst du nicht im Real Life zu jemanden hingehen, den du nicht magst, auf ihn zeigen und meckern "Er ist böse!" Kannste schon, aber einige werden dich dann blöd anschauen. :D

    Nee, aber um mal das Zitat oben weiter auszuführen: Was hat man denn selber für Erwartungen am Gegenüber? Ist er einer von den Guten, weil er freundlich zu mir ist? Gibt er Obdachlosen immer wieder mal Geld? Jeder definiert das anders. Ich halte jemanden nicht automatisch für einen guten Menschen, nur weil er freundlich zu mir ist. Hinter der Freundlichkeit kann sich ja immer was anderes verstecken, also so ein bisschen wie bei deinem Killerbeispiel. Andersrum ist jemand nicht automatisch böse, wenn er nicht freundlich zu mir ist. (mögen tu ich ihn dann trotzdem nicht)

    Was deine letzte Frage betrifft: Ich weiß nicht, als was ich mich bezeichnen würde. Ich helf gerne Menschen, nehme mir die Zeit für Klassenkameraden, wenn sie bei etwas Hilfe brauchen und ich hab noch vor zwei Wochen einem Obdachlosen etwas Geld gegeben. Was ich auch wieder tun würde, damit macht man jemanden glücklich, der es wirklich braucht und weil es mir auch das Gefühl gibt, was gutes zu tun.

    Andererseits neige ich dazu, schnell aggressiv zu werden, wenn mir etwas nicht passt. Lachen kann ich nicht über viele Dinge, was dazu führt, dass die Leute im Umfeld mich anders betrachten, als jemand, der naja, langweilig ist. Ich hab mal meinen ehemaligen Mobbern gedroht, ich würd sie killen, wenn ich die Chance dazu hätte - was ich manchmal immer noch tun würde.

    Aber da hast du die Frage wieder: Das sind Mobber, sie ärgern andere Menschen zum Spaß und weil sie sich dann gut fühlen, als stark. Ich seh sie als Böse an, weil ich selber sowas schon miterlebt habe (10 Jahre btw, und ich bin 16!). Wäre ich jetzt ein böser Mensch, wenn ich sie wirklich erledigt hätte? Oder noch nicht mal, wenn ich sie einfach nur krankenhausreif geschlagen hätte? Wären die Mobber und ich böse Menschen?

    Ich finde das Thema schwierig.
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