Vor über 20 Jahren hat Japan bereits die Zukunft der Videospiele gelebt – mit speziellen Handys und der ersten PlayStation

Wenn sich dieser Tage Spielekonsolen mit dem Internet verbinden, ist das absoluter Standard. Um das Jahr 2000 war das aber mit »NTT Docomo« in Japan eine Besonderheit. Ein Blick in die Vergangenheit.

Wie ein Anruf aus der Zukunft: Mit der PlayStation One und spezieller Verkabelung, konntet ihr euch in Japan ins Internet einwählen. (MixmagicAdobe Stock) Wie ein Anruf aus der Zukunft: Mit der PlayStation One und spezieller Verkabelung, konntet ihr euch in Japan ins Internet einwählen. (Mixmagic/Adobe Stock)

Dieser Tage rücken die Bereiche Mobile und Gaming immer enger zusammen. Nicht zuletzt Branchen-Titan Apple ist hier sehr aktiv. Der Hersteller aus Cupertino schickt sich aktuell dazu an, aufwendige Blockbuster-Spiele auf das iPhone zu bringen. So bereits geschehen mit Resident Evil Village, wie Kollege Patrick Schneider berichtet hat:

Dass Handy, Internet und Konsolen Händchen halten, ist aber überhaupt kein neues Phänomen! 

Was viele nicht wissen: Schon die PlayStation konntet ihr mit eurem Handy verkabeln - und damit durchs Internet surfen. Zumindest dann, wenn ihr ums Jahr 2000 herum in Japan gelebt habt.

Wie hat die PlayStation One mit dem Internet funktioniert?

Vor 24 Jahren gab es erste Experimente, große Konsolenspiele und euer Handy zu verheiraten. Im Jahr 2000 schloss sich beispielsweise Sony mit einem großen Telekommunikations-Unternehmen aus Japan zusammen. Das Ergebnis: eine internetfähige PlayStation und ein Tamagotchi-artiges Spiel, das heute kaum noch jemand kennt.

Wie hat die PlayStation One mit dem Internet funktioniert?

Der Nutzer »foone« hat Mitte Juni eine Nachricht auf Twitter (jetzt X) veröffentlicht, die erstmal Kopfkratzen auslöst:

»Die PS1 hatte einen Internet-Adapter! […] Nur in Japan, und zwar den i-mode-Adapter, der für den Anschluss an die i-mode-fähigen Handys von NTT Docomo entwickelt wurde. […]«

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Wie ließen sich Handy, Adapter und PS mit dem Internet verbinden?

»NTT Docomo«? »i-mode-Adapter«? Was beim heiligen Manitu sind das für Dinger? Gut, dass ihr fragt.

Aber ganz langsam. Wir setzen euch Stück für Stück auseinander, wie das mit dem Internet für die PlayStation One funktioniert hat - und was hinter den Begriffen steckt.

NTT Docomo: Hierzulande unbekannt, ist »NTT Docomo« in Japan einer der größten Anbieter im Bereich Telekommunikation.

i-mode: Wiederum »i-mode« war vergleichbar mit »WAP«. Das Kürzel steht für »Wireless Application Protocol«, zu Deutsch »Drahtloses Anwendungsprotokoll«. Vereinfacht gesagt, wurde WAP speziell für damalige Handys entwickelt. Dabei war alles auf die begrenzte Eingabe und Anzeige der mobilen Endgeräte aus den Neunzigern ausgerichtet. Ihr erinnert euch: Damals hatten Displays die Größe von Fußball-Sammelbildchen und physische Tasten wurden noch nicht vom Getippe auf dem Display abgelöst.

WAP war in den späten 90ern und frühen Nullerjahren relevant. Spätestens mit der Ära der Smartphones überlebte sich das Protokoll.

Über das erforderliche Adapterkabel für i-mode gibt es wieder Interessantes auf dem ehemaligen Twitter zu lesen. Dass dem Adapter ein Relikt aus den Vorzeiten physischer Datenträger beilag, verdeutlicht dieses Posting:

»Dem Adapterkabel lag eine PS1-Disc bei. Mit der konntet ihr verschiedene i-mode-Aktivitäten über die PS1 ausführen. Dazu gehörten: Im Internet surfen, E-Mails senden oder empfangen und Kontakte verwalten. Ihr konntet sogar E-Mails auf PS1-Speicherkarten herunterladen.«

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Handy und PlayStation miteinander verbunden, konntet ihr über i-mode auf eurer Spielekonsole Nachrichten lesen, euch über das Wetter informieren oder E-Mails checken und beantworten. Dabei dürfte die Bedienung über den PlayStation-Controller gemessen an heutigen Maßstäben vergleichsweise klobig gewesen sein.

Aber Mails an Kumpel Olaf zu tippen, um euch zu einer Runde »Tony Hawk's Pro Skater« zu verabreden, war nicht alles. Mit einem auf europäischen Breitengraden eher unbekannten Spiel verschmolzen PlayStation, Handy und Internet miteinander.

Wie wurde die PlayStation One mit Internet zum Tamagotchi?

»I Modo Mo Issho« war im Kern ein Tamagotchi-artiges Spiel.

Wie YouTuber dodgykebaab erzählt, war die Hürde, um »I Modo Mo Issho« zu spielen, wohl besonders steil. Denn neben dem Spiel waren folgende fünf Bestandteile vonnöten:

Teil 1: ein Hauptspiel aus der Reihe »Doko Demo Issyo«
Teil 2: eine PocketStation
Teil 3: ein spezielles Verbindungskabel
Teil 4: ein passendes Handy
Teil 5: und natürlich die Spielkonsole PlayStation One

Bevor wir das weiter auseinanderdröseln, guckt selbst, wie das Spiel »I Modo Mo Issho« in Aktion aussah.

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Was hattet ihr vom Internetzugang beim Tamagotchi-Spiel? Ihr konntet zusätzliche Ingame-Items für eure Tamagotchi-Kreatur aus dem Internet herunterladen.

YouTuber dodgykebaab geht sogar so weit und bezeichnet diese Inhalte als »die ersten DLCs der Welt«. Als gesichert kann aber angenommen werden, dass solche Inhalte auch direkt auf die Spiele-CD gepasst hätten.

Was ist die PocketStation? Falls euch die PocketStation für die erste PlayStation fremd ist, obwohl ihr ein Kind der 90er seid, wundert euch nicht. Das Peripheriegerät erschien im Jahre 1999 ausschließlich in Japan. Das Gerät war einerseits eine Speicherkarte, hatte andererseits ein Schwarz-Weiß-Display und eine kleine Tastatur verbaut.

Für europäische Äuglein ein ungewohnter Anblick: das Peripheriegerät »PocketStation« (Evan-AmosWikimedia Commons) Für europäische Äuglein ein ungewohnter Anblick: das Peripheriegerät »PocketStation« (Evan-Amos/Wikimedia Commons)

Und hier kommt der Kniff: Wie einst mit dem Tamagotchi, konntet ihr über die PocketStation euer virtuelles Tier aus dem Spiel »I Modo Mo Issho« mit euch herumtragen. Getan haben das die Japanerinnen und Japaner im großen Stil, denn über 5 Millionen soll Sony zwischen 1999 und 2002 verkauft habe, schreiben unsere Kollegen von GamePro.

Wollt ihr erfahren, wieso diese PlayStation-Obskurität aus Fernost trotzdem am europäischen Markt gescheitert ist, empfehlen wir euch den lesenswerten Artikel von Kollege Chris Werian:

Weitere Spiele, die von der mit dem Internet verknüpften Konsole unterstützt wurden, waren übrigens Titel wie »Sonic Cafe«, »Hamster Club-i« oder »One Piece Mansion« (nicht verwandt oder verschwägert mit der Manga-Serie).

Apropos Spielekonsolen und Internet: Sony hatte beileibe nicht die erste internetfähige Spielekonsole zu bieten. Bereits der Super Nintendo war entsprechend nachrüstbar.

Mit anschließbarem Satellaview konntet ihr den Super Nintendo (in Japan Super Famicom genannt) mit einer Satellitenschüssel verbinden. Hierüber durftet ihr Zusatzinhalte für eure Konsole herunterzuladen. Aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Artikel.

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Satellaview und i-mode beweisen: Die Zukunft der Spielkonsolen hat bereits (vor)gestern angefangen. Und das in den beginnenden Nullerjahren, als wir noch mit unkaputtbaren Nokia-Mobilknochen über den Schulhof tingelten. Kein Vergleich zu heute, wenn nicht nur Resident Evil auf dem iPhone gruselt, sondern auch Erfolgsserien wie Assassin’s Creed für Apples Smartphone in den Startlöchern stehen.

Verblüfft euch diese technische Gerätschaft aus dem Bereich Unterhaltungselektronik, die wir für euch ausgegraben haben? Oder kennt ihr sogar Leute, die mit der PocketStation gedaddelt haben, als das Gerät noch brandaktuell war? Könnt ihr nachvollziehen, warum sich das Teil millionenfach verkauft hat? Schreibt uns dazu wie immer gerne in die Kommentare.

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