Ein unscheinbarer Sticker könnte Menschen, die ihre Stimme verloren haben, wieder sprechen lassen

Dank einer KI sollen Bewegungen des Kehlkopfes in Sprache umgewandelt werden – mithilfe eines Stickers in der Größe einer Münze.

Bei dem Sticker handelt es sich noch um einen Prototypen - sollte er sich allerdings bewähren und in ein paar Jahren Serienreife erlangen, könnte er vielen Menschen helfen, die ihre Sprechfähigkeit verloren haben. (deagreez - Adobe Stock) Bei dem Sticker handelt es sich noch um einen Prototypen - sollte er sich allerdings bewähren und in ein paar Jahren Serienreife erlangen, könnte er vielen Menschen helfen, die ihre Sprechfähigkeit verloren haben. (deagreez - Adobe Stock)

Sprechen, dank eines unscheinbaren Stickers? Diese Idee haben Forscher von der University of California in Los Angeles umgesetzt.

Sie entwickelten einen kleinen, batterielosen Prototypen, der Menschen mit verschiedenen Stimmlippen-Erkrankungen dank KI-Unterstützung (Details dazu im letzten Absatz) beim Reden unterstützt.

So hilft eine KI dank eines Stickers beim Sprechen

Das Gerät sieht aus wie ein kleiner, wasserdichter Sticker. Er wiegt sieben Gramm und ist so groß wie ein Pflaster. Das Bild auf X (ehemals Twitter) zeigt euch den Prototypen, den sich die Probanden aus der Studie vom 12. März 2024 auf den Kehlkopf klebten:

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So funktionierts: Das Gerät erkennt die Bewegungen des Kehlkopfes. Spricht der Patient also einen Satz, wandelt der Prototyp diese Bewegungen in elektrische Signale um.

Die Signale werden dann von einem externen Modul mit Hilfe von künstlicher Intelligenz analysiert und in Sprache umgewandelt. Allerdings gibt es für die Wiedergabe keinen externen Lautsprecher – laut der Studie soll dies ebenfalls mithilfe des Stickers funktionieren. Genauere Angaben lassen sich dazu aber nicht finden.

Versuchsaufbau: Laut dem Magazin ScienceAlert mussten insgesamt acht Probanden Sätze wie Frohe Weihnachten, Ich liebe dich oder Ich traue dir nicht aufsagen. Sie saßen oder liefen dabei, um das Sprechen in verschiedenen Bewegungszuständen zu simulieren.

Besonders spannend: Lediglich das ausgelagerte Modul, das mithilfe der KI die Signale in Sprache umwandelt, braucht eine Stromquelle. Dazu schreiben die Forscher:

Hier stellen wir ein selbstversorgtes, tragbares Sensor-Aktivierungssystem vor, das auf weicher Magnetoelastizität basiert und unterstütztes Sprechen ermöglicht, ohne sich auf die Stimmlippen zu verlassen.

Das bedeutet vereinfacht formuliert, dass der kleine Sticker laut den Forschern keine externe Stromversorgung braucht, um zu funktionieren.

Präzision der Spracherkennung: Es gibt laut den Forschern Schwierigkeiten, einzelne Wörter zu erkennen, die sehr ähnlich klingen. Meist versteht die KI aber im Satzkontext, um welches Wort es sich handelt.

Laut der Studie soll das Gerät deshalb eine Genauigkeit von 95 Prozent aufweisen.

Erster Feldversuch zeigt Potenzial

Wichtig ist zu erwähnen, dass sich die Studie lediglich auf acht Probanden beschränkt und deshalb noch keine finale Aussagekraft besitzt. Es ist also so etwas wie ein erster Feldversuch.

Einschränkungen: Die eben genannten Phrasen sind gleichzeitig auch die größte Lücke, die die Forscher noch füllen müssen. Aktuell kann das Gerät nur im Vorfeld eingesprochene Sätze wiedergeben.

Allerdings ist der Hauptautor der Studie, Ziyuan Che von der University of California in Los Angeles, guter Dinge:

Entscheidend ist, dass das Gerät funktioniert, ohne die Schwingungen der Stimmbänder einer Person aufzunehmen, was bedeutet, dass es helfen würde, die Sprache von Menschen mit beschädigten Stimmbändern wiederherzustellen.

Laut ScienceAlert glaubt Che, dass der Prototyp eines Tages dank fortschrittlicher Algorithmen den Schritt der Vorab-Aufzeichnung überspringen könnte. Er betont dazu erneut, dass es sich noch um einen Prototyp handelt, der vermutlich mehrere Jahre Entwicklungszeit bis zur Patientenreife brauchen wird.

Diesen Menschen könnte man laut einer Logopädin damit helfen

Wir haben für euch nachgefragt, wo dieses Gerät eines Tages eingesetzt werden könnte. Christine Weis ist staatlich geprüfte Logopädin und beschreibt einige Beispiele:

Vor allem Menschen mit ausgeprägten und therapieresistenten Stimmlippenlähmungen, Tumorerkrankungen im Stimmlippenbereich oder nach Stimmlippen-Entfernungen könnten hier eine Alternative zur Kommunikation nutzen, welche weniger in den Alltag eingreift als bisher bestehende Hilfen.

Es existieren zwar bereits elektronische Sprechhilfen. Diese funktionieren aber nicht ohne Batterien und müssen in einer Hand gehalten werden. Außerdem vermutet sie weitere Möglichkeiten, wie dieses Gerät auch im Therapiebereich helfen könnte:

Der Sensor des Stickers könnte außerdem zur nicht-invasiven Stimm- und Schluckdiagnostik eingesetzt werden. Normalerweise wird hier ein flexibles Endoskop durch die Nase eingeführt, um den Schluckvorgang zu beobachten. Man könnte also stattdessen die erfassten Bewegungsdaten auslesen und potenziell Rückschlüsse ziehen.

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