Leisestes Überschallflugzeug der Welt: Wenn es knallt, ist es nicht lauter als eine Autotür

Jahrzehnte nach dem letzten Concorde-Flug will die NASA einen neuen Ansatz testen. Eine Umweltsorge bleibt.

So sieht der neueste NASA-Vogel aus. Er soll kein krachendes Ungetüm sein, sondern einen geräuscharmen Überschalljet darstellen: Der X-59! (Quelle: NASA, Lockheed Martin) So sieht der neueste NASA-Vogel aus. Er soll kein krachendes Ungetüm sein, sondern einen geräuscharmen Überschalljet darstellen: Der X-59! (Quelle: NASA, Lockheed Martin)

Ihr wollt möglichst schnell von A nach B und das am besten schneller als der Schall? 21 Jahre nach der Aufgabe des Concorde-Projekts kündigt die NASA in Kooperation mit Lockheed Martin ihre neueste Errungenschaft an: ein leises Überschallflugzeug. Dazu gleich mehr.

Kurzer Geschichtsausflug in die Überschall-Fliegerei

Überschallflugzeuge existieren schon länger. Das erste Flugzeug, welches die Schallmauer knackte, war die Bell X-1. Ihr Jungfernflug startete am 25. Januar 1946. Die Maschine schaffte dabei Mach 1,06 (über 1.100 km/h).

Ein bekannteres Beispiel ist hierbei die Concorde, welche als erste Maschine für den zivilen, kommerziellen Luftbetrieb eingesetzt wurde. So sieht die Maschine aus:

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Sie flog das erste Mal am 02. März 1969 und erreichte später eine Geschwindigkeit von 2200 km/h. Allerdings sind solche Geschwindigkeiten nicht ohne Risiko. Das Material des Flugzeugs wird dabei extrem belastet und der Treibstoffverbrauch war im Falle der Concorde zu hoch.

Zum Vergleich: Normale Passagierflugzeuge besitzen eine Reisegeschwindigkeit von 700 bis 900 km/h.

Letztendlich scheiterte das Flugzeug an technischen und finanziellen Hürden. Den traurigen Höhepunkt des Projekts Concorde stellte ein Absturz dar. Als eine Maschine nach einem Start in Paris Feuer fing und in ein Hotel stürzte, kostete das 133 Menschenleben und besiegelte das Ende der Concorde.

Ein neues Kapitel: Der X-59 Überschalljet

Die NASA gibt sich in Sachen zivile Überschallflugzeuge nicht geschlagen. Sie beauftragte Lockheed Martin mit der Entwicklung des X-59 Jets. Im Rahmen der sogenannten Quesst-Mission soll dieser beweisen, dass Überschallreisen auch geräuschärmer möglich ist.

Der Jet ist 30 m lang, 10 m breit und sieht dabei wie eine Mischung aus Dorito-Chip und Papierflieger aus. Hier könnt ihr euch Bildmaterial der NASA ansehen, wie dieses Flugzeug in der Luft aussieht:

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Die Besonderheit: Beim Überschreiten der Schallgeschwindigkeit soll der X-59 weniger Lärm für die überflogenen Menschen am Boden machen. Dank des Designs soll es keinen Überschallknall im klassischen Sinne geben.

Deshalb knallt es: Schall bewegt sich in Wellenform, den sogenannten Longitudinal-Wellen. Bildlich gesprochen schiebt ein Flugzeug die Luft vor sich her und erzeugt dabei Schallwellen, also geradeaus und weg vom Flugzeug.

Je schneller sich das Flugzeug bewegt, desto enger die Wellen. Fliegt das Flugzeug schneller als die Schallwellen, schiebt es diese immer weiter zusammen. Letztendlich verbinden sich die Schallwellen zu Schockwellen und es knallt.

Wir sind definitiv bereit, ein neues Kapitel in der Geschichte des Überschallflugs zu schreiben, indem wir den Luftverkehr über Land doppelt so schnell machen, aber auf eine Weise, die sicher, nachhaltig und viel leiser ist als bisher.

Das behauptet zumindest Peter Coen, Quesst Mission Integration Manager bei der NASA in einem Beitrag.

Die NASA vergleicht den entstehenden Knall bei Ankunft am Boden mit dem Schließen einer Autotür (75 dB). Um diese Zahl einordnen zu können: Die normale Sprechlautstärke liegt bei 60 dB. In Nachtclubs herrscht meist eine Lautstärke zwischen 90 und 110 dB.

Das Problem: Zivile Überschallflüge sind in den USA derzeit verboten. Die NASA will deshalb die X-59 testweise über Gemeinden fliegen lassen und dabei feststellen, ob diese leisere Technik von der Zivilbevölkerung als störend empfunden wird.

Sollten die Tests erfolgreich und damit leise genug erfolgen, könnten bestehende Gesetze aufgeweicht werden. Das wird letztendlich das finale Ziel der NASA sein: Die Akzeptanz der Forschung für zukünftige zivile Überschallflugzeuge, welche kaum Lärm produzieren sollen.

Technische Specs für alle Flugzeugfreunde:

Hier ist eine kleine Liste, was das Flugzeug X-59 alles leisten kann. Im nächsten Absatz lest ihr dann, wie sinnvoll diese Entwicklung ist.

  • Geschwindigkeit: Mach 1.4 (1728,72 km/h)
  • Lautstärke: <75 dB
  • Reisehöhe: 16.764 m
  • Entwicklungskosten: 230 Millionen Euro
  • Maximal zulässiges Bruttogewicht: etwa 11.340 kg
  • Leergewicht: etwa 6.800 kg
  • Treibstoff: etwa 3.946 kg
  • Nutzlast: etwa 272 kg

Sehenswert: Falls ihr auf Komödien und Flugzeuge steht, wird euch dieser Film mit Kevin Hart vielleicht ansprechen. Dieser will in Lift einen genialen Coup landen und eine halbe Milliarde in Gold in 10 km Höhe aus einem fliegenden Flugzeug stehlen. Dabei geht natürlich jede Menge schief:

Flugzeug-Heist als Komödie: Kevin Hart hat es im neuen Netflix-Film auf viel Gold abgesehen Video starten 2:38 Flugzeug-Heist als Komödie: Kevin Hart hat es im neuen Netflix-Film auf viel Gold abgesehen

Wie sinnvoll ist so eine Entwicklung?

Über 20 Jahre nach dem Ende der Concorde stellt sich immer noch dieselbe Frage: Wer braucht so ein Überschallflugzeug?

Selbst wenn heutige Triebwerke effizientere Verbrauchsdaten liefern und sich Überschalljets vielleicht eines Tages lohnen sollten, steht die Frage des Klimaschutzes im Raum.

Laut einer Studie könnten Überschallflugzeuge aufgrund ihrer Abgase und der Reisehöhe (16 km statt den üblichen 10 km) die Ozonschicht zerstören.

Die Ozonschicht: Sie schützt uns Menschen vor schädlicher UV-C- und UV-B-Strahlung der Sonne.

Ist es das alles wert? Diese schnellen Maschinen transportieren zudem weniger Menschen als herkömmliche Maschinen.

Ein Artikel der Tagesschau nennt hier beispielsweise das US-Start-up Boom, welches mit der Overture einen Jet entwickelt, der für 55 Fluggästen ausgelegt sein soll. Eine A380-Maschine transportiert bei maximaler Konfiguration stolze 509 Fluggäste.

Am Ende des Tages kommen wir auch ohne Mach 1,4 oder höher ans Ziel, auch wenn es dann vielleicht etwas länger dauert - dafür brennen wir aber keine potenziellen Löcher in unsere Planetenschutzschicht.

Was denkt ihr über dieses NASA-Projekt? Würdet ihr euch ein überschnelles Passagierflugzeug wünschen oder hättet ihr wie Autor Kevin Umweltsorgen? Braucht die Menschheit solche Überschallflugzeuge oder wird es ein ähnlicher Flop wie die Concorde? Schreibt uns eure Gedanken zu diesem Thema gerne in die Kommentare.

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