Der Wiederaufbau der Baltimore Bridge wird ein Jahrzehnt dauern. China hat in sieben Jahren eine fast zehnmal längere Brücke gebaut

Schnelles Tempo oder Umweltschutz? China zeigt, was möglich wäre. Doch der wahre Preis ist nicht abzuschätzen.

Großbaustellen - insbesondere bei Brücken - dauern oft mehrere Jahre. In diesem Fall sogar ein Jahrzehnt. Doch das hat oft einen guten Grund - auch wenn es Nerven, Zeit und Geld kostet. (Symbolbild, Quelle: XY über Adobe Stock) Großbaustellen - insbesondere bei Brücken - dauern oft mehrere Jahre. In diesem Fall sogar ein Jahrzehnt. Doch das hat oft einen guten Grund - auch wenn es Nerven, Zeit und Geld kostet. (Symbolbild, Quelle: XY über Adobe Stock)

Laut einem Artikel der Washington Post wird ein Wiederaufbau der eingestürzten Baltimore-Brücke laut Experten bis zu 10 Jahre dauern – obwohl die Brücke ursprünglich in fünf Jahren errichtet wurde.

In China hingegen wurde gerade eine Brücke in sieben Jahren fertiggestellt, die um ein Vielfaches länger ist und sogar Streckenabschnitte mit Tunnelelementen beinhaltet.

Warum das Thema wichtig ist: Bauvorhaben in Europa wie auch Amerika werden oft von Verzögerungen geplagt. Strenge Vorschriften und jede Menge Bürokratie kosten Zeit und Geld.

Die Frage: Geht das nicht schneller, so wie China es uns vormacht? Um diese Frage beantworten zu können, muss ein wenig ausgeholt werden.

Ein kurzer Zeitplan des Geschehens:

  • 1977: Die mehr als 2,5 km lange Brücke wurde nach fünf Jahren Bauzeit fertiggestellt
  • Baukosten: 316 Millionen Dollar (umgerechnet auf heutigen Wert)
  • März 2024: Das Containerschiff Dali kracht in einen Brückenpfeiler der Francis Scott Key Bridge – diese kollabiert daraufhin.
  • Besonders tragisch: Mehrere Brückenarbeiter reparieren zu diesem Zeitpunkt Schlaglöcher auf der Brücke. 6 Menschen sterben.
  • Heute: Die Brücke ist seitdem unbrauchbar und versperrt die Zufahrt zum international wichtigen Seehafen von Baltimore

Im Detail: Aktuell laufen in Baltimore noch die Aufräumarbeiten. Laut dem Spiegel ist es aber unklar, wann zumindest der Seeweg zum Hafen freigelegt sein wird. Ein klares Zeitfenster der Wiedererrichtung ganz ist ebenfalls noch in weiter Ferne.

Andy Winkler, Direktor des Wohnungs- und Infrastrukturprojekts am Bipartisan Policy Center, äußerte sich laut Xataka mit dem knappen Satz:

Es wird weder schnell noch billig sein.

Einfach nur auf dem Rest der bestehenden Brücken-Infrastruktur wieder aufzubauen, wird vermutlich unmöglich sein. Laut Winklers Einschätzung, gegenüber der Washington Post, müssen sich die Verantwortlichen folgende Fragen stellen:

Muss die (zukünftige) Brücke höher sein? Braucht es zusätzliche Befestigungen, damit so etwas in Zukunft nicht mehr passieren kann?

Falls dies der Fall sein sollte, würde man ein neues Design benötigen. Dieses kostet dann vermutlich deutlich mehr Geld und Zeit als der Bau der alten Brücke. Außerdem würden sich hier zusätzlich die Behördenmühlen drehen. So sagt Winkler:

Jede drastische Änderung der Brückenstruktur oder des Designs würde zu einer strengeren Umweltprüfung führen.

Die Kosten würden also die alten 300 Millionen Dollar überschreiten. Außerdem dauert der Bau einer neuen Konstruktion laut Benjamin Schäfer – Professor für Bau und Systemtechnik an der Johns Hopkins University – bis zu 10 Jahre.

Weniger Bauzeit – aber zu welchem Preis?

Natürlich ist man als Deutscher chronisch geplagt vom Schatten langwieriger Bauprojekte wie Stuttgart 21 oder Berlins Pleitenflughafen – oder von jahrelangen Bauarbeiten auf den Autobahnen oder wichtigen Bundesstraßen.

Da stellt sich auch in diesem Fall die Frage: Wieso benötigt man 10 Jahre für den Wiederaufbau einer zweieinhalb Kilometer langen Brücke?

Vergleich mit China: Das Magazin Xataka zieht hier den spannenden Vergleich zu einer chinesischen Shenzhen-Zhongshan-Brücke – einem Bauprojekt mit gigantischen Ausmaßen:

  • Länge: 24 km
  • Tunnel: 7 (der 24) km
  • Anzahl Spuren: 8 (4 pro Richtung)
  • Kosten: 6,7 Milliarden Dollar
  • Baubeginn: 2017
  • Bauzeit: 7 Jahre (Fertigstellung 2024)

Umweltfrage: Fairerweise muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass in den USA wie auch Europa strenge Richtlinien gelten. Im Falle der Baltimore-Brücke würde eine Umweltstudie einige Zeit brauchen, um Strukturänderungen im Sinne des Umweltschutzes zu prüfen.

Chinas Vorteil: Das Land hat hier deutlich schwächere Auflagen – hier stehen die wirtschaftlichen Interessen und die der Partei an erster Stelle, was die Bürokratie-Mühle also deutlich schneller mahlen lässt.

Außerdem sind die Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter oft nicht besonders gut. Hier gibt es in Europa und den USA höhere Standards einzuhalten.

Zwar kann hier nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die chinesischen Bauarbeiten nur deshalb in Rekordzeit abgeschlossen werden konnten, doch eine Vermutung liegt nahe.

Ja, unter diesen Bedingungen könnten sicher auch europäische oder amerikanische Bauvorhaben in Rekordzeiten abgeschlossen werden. Ja, es gäbe sicher Optimierungsbedarf in vielen bürokratischen Strukturen.

Doch ob ein schnelleres Bautempo mit möglichen Schäden an Mensch und Umwelt wirklich eine kürzere Bau-Dauer rechtfertigen kann, ist fraglich – so sehr wir uns einen schnellen Abschluss von so mancher Baustelle auch wünschen.

zu den Kommentaren (20)

Kommentare(20)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.