China und USA überwinden Differenzen und tun sich zusammen, um nie Dagewesenes zu erschaffen: den ersten praxistauglichen Graphen-Halbleiter

Graphen-Halbleiter könnten Mikrochips in Zukunft revolutionieren und viel höhere Taktraten ermöglichen.

So sehen Chips auf einem Wafer aus. (Bildquelle: Intel) So sehen Chips auf einem Wafer aus. (Bildquelle: Intel)

Der Handelskrieg zwischen China und den USA hält weiter an. Die Exportbeschränkungen seitens der Vereinigten Staaten betreffen dabei vor allem hochtechnische Bereiche wie zum Beispiel KI-Mikrochips, aber mittlerweile hat es auch Massenmarktprodukte wie die Nvidia Geforce RTX 4090 erwischt.

Warum das, erfahrt ihr im folgenden Artikel:

Doch während die Wirtschaftssanktionen ständig neue Blüten treiben, legen China und die USA in einem High-Tech-Gebiet ihre Differenzen beiseite und tun sich sogar zusammen.

So arbeiten das Georgia Institute of Technology (USA) und die Universität Tianjin (China) an einem beispiellosen Projekt, das Computerchips revolutionieren könnte: dem ersten praxistauglichen Graphen-Halbleiter (via Nature).

Was steckt hinter dem Graphen-Halbleiter?

Seit seiner Entdeckung im Jahr 2004 gilt Graphen als eine Art Wundermaterial. Es glänzt mit hervorragenden Eigenschaften: Es ist besonders fest und hat sehr gute Werte bei elektrischer Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit.

Von daher sollte es sich hervorragend für Elektronik eignen. Wenn da nicht ein gravierender Nachteil bestünde, der Graphen als Silizium-Nachfolger eigentlich schon aus dem Rennen geworfen hatte.

Denn Graphen weist von Natur aus keine sogenannte Bandlücke auf, die wiederum entscheidend dafür ist, dass Halbleiter respektive damit realisierte Transistoren an- und ausgeschaltet werden können.

Bislang bestehen Wafer noch aus Silizium. Epigraphen könnte das Silizium aber irgendwann ablösen. (Bildquelle: intel) Bislang bestehen Wafer noch aus Silizium. Epigraphen könnte das Silizium aber irgendwann ablösen. (Bildquelle: intel)

Die Funktion von Feldeffekt-Transistoren, den grundlegenden Elementen integrierter Schaltungen (also Mikrochips), beruht darauf, dass in einem Material bei angelegter Spannung zwischen leitend und nicht leitend geschaltet werden kann.

Hier setzt das Forscherteam um Walter de Heer an. Es hat Graphen auf einem Siliziumkarbid-Wafer wachsen lassen. Bei richtiger Herstellung verbindet sich das Siliziumkarbid offenbar mit dem Graphen und erhält so seine halbleitenden Eigenschaften – sogenanntes Epigraphen ist geboren.

Die Messungen an einem Prototyp haben laut dem Forschungsteam zudem ergeben, dass die Elektronenmobilität zehnmal höher ist als in Silizium. De Heer drückt es in einer Pressemitteilung (via Heise) so aus:

Das ist so, als würde man auf einer Autobahn fahren im Vergleich zu einer Schotterpiste. Es ist effizienter, erwärmt sich nicht so stark und ermöglicht höhere Geschwindigkeiten.

Warum auf Graphen statt weiterhin auf Silizium setzen?

Silizium-Wafer stoßen langsam an ihre Grenzen. So lassen sich besonders hohe Taktraten jenseits von 6 oder 7 Gigahertz nur noch mit extrem aufwändigen Kühllösungen realisieren.

Epigraphen hingegen braucht aufgrund der hohen Elektronenmobilität zum Schalten von Transistoren deutlich weniger Energie, was für sich schon höhere Taktraten ermöglicht. Dazu kommt noch die hervorragende Wärmeleitfähigkeit. Die beim Schalten von Transistoren anfallende Wärme kann daher besser abgeführt werden.

Ein Prozessor auf Basis von Epigraphen könnte also viel höher takten als aktuelle Chips das vermögen und würde gleichzeitig weniger Energie verbrauchen.

Zur Verarbeitung von Epigraphen braucht es keine neuen Herstellungsprozesse

Ein weiterer großer Vorteil ist, dass sich das Epigraphen mit bereits etablierten Fertigungsverfahren bearbeiten lässt.

Das heißt, das Aufbringen weniger Nanometer großer Strukturen funktioniert wie auch jetzt schon bei Mikrochips mittels Fotolithografie (Belichtungsprozess). Es braucht also keine grundlegend neuen Maschinen, um Epigraphen-Prozessoren herzustellen.

Woher diese Maschinen stammen, erfahrt ihr im folgenden Artikel:

Wann sehen wir erste Prozessoren auf Basis von Epigraphen?

Diese Frage können wir nicht klar beantworten. Im Moment ist das Forschungsteam noch damit beschäftigt, integrierte Schaltungen auf dem neuen Material zu realisieren. Bis hin zur Massenfertigung können also noch etliche Jahre ins Land ziehen, falls es überhaupt je soweit kommt.

Stand jetzt ist das Epigraphen unserer Ansicht nach aber ein besonders aussichtsreicher Kandidat, Silizium als Basis von Mikrochips einmal zu ersetzen.

Andere vielversprechende Materialien

Neben Epigraphen gibt es aber auch noch weitere heiße Kandidaten für die Thronfolge. Darunter Galliumarsenid und kubisches Borarsenid. Letzteres wurde erst im Jahr 2022 am Massachusetts Institute of Technology entdeckt.

Was meint ihr? Sehen wir Prozessoren auf Basis von Epigraphen vielleicht sogar viel früher, als gedacht? Oder glaubt ihr, dass sich die Technologie nicht durchsetzen wird? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

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