Die Presse ist von Anfang an dabei, das ist Teil der neuen Strategie. »Schaut«, soll das zeigen, »wir spielen mit offenen Karten!« Jowood muss Vertrauen zurückgewinnen, und zwar in doppeltem Maß. Der österreichische Publisher hatte es zugelassen, dass das Rollenspiel Gothic 3 2006 in unfertigem Zustand auf den Markt kam; kurz darauf trennte er sich vom Stammentwickler Piranha Bytes und kündigte an, die Serie vorerst allein weiterzuführen. Beides hat die große Gothic-Fangemeinde nachhaltig erschüttert. Dass das Schicksal einer der wichtigsten deutschen Spielemarken nun in den Händen des eher unauffälligen Studios Spellbound liegt, beobachten die Anhänger mit Skepsis. Seit dem Überraschungshit Desperados von 2001 ist Spellbound nichts anderes eingefallen, als dem einstigen Erfolg mit glücklosen Kopien nachzulaufen. Nun also Gothic 4 - können die das?
Sie können, sagt Jowood. »Die Serie ist dort am besten aufgehoben«, trommelt der Producer Michael Kairat. Zweifel will man von Anfang an zerstreuen. Schon im Herbst letzten Jahres hatten die Österreicher ein ausgewähltes Grüppchen Journalisten zu sich nach Wien geladen, darunter auch GameStar. Offiziell ging's um das Debut des Gothic-Handy-Spiels, hinter verschlossenen Türen lief dann der Prototyp des Spellbound-Projekts. Da war die Entwicklung erst seit ein paar Monaten im Gange. Nun folgt Schritt 2 der Charme-Offensive: der Weg an die Öffentlichkeit. Die sollte freilich noch nicht allzu viel erwarten. Von Gothic 4 existiert offiziell nach wie vor nur der Technologie-Prototyp, und mit inhaltlichen Details geizt Jowood aus Marketing-Kalkül. Immerhin: Die ersten Informationen zeichnen ein grobes Bild davon, wohin die Reise der Rollenspiel-Reihe geht.
So soll's werden
Erste Erkenntnis: Der Untertitel hat sich geändert. Hieß Gothic 4 bei seiner Ankündigung noch »Genesis«, steht dort stattdessen nun »Arcania«. Beide Begriffe tragen Bedeutung. Das biblische »Genesis« (Schöpfung, Entstehung), so spekulierten die Fans ursprünglich, stünde für den Neuanfang der Serie unter Spellbound, eventuell sogar für eine Handlung zeitlich vor den vorangegangenen Serien-Episoden. Dem ist nicht so. Tatsächlich wies der Begriff auf den Schauplatz des vierten Gothic-Teils hin: die Südlichen Inseln. Die gelten als die kulturelle Wiege der Welt Myrtana, hier ist einst das Leben im Land entstanden. Zeitlich spielt Gothic 4 nicht vor, sondern zehn Jahre nach den Ereignissen aus Teil 3. Die Südlichen Inseln sollen zum Teil aus den Vorgängern bekannte Gebiete enthalten, verschiedene Klimazonen umfassen und »riesige« Ausmaße haben -- wenngleich die Ausdehnung wohlweislich unter dem ausufernden Maß von Gothic 3 bleiben dürfte.
Den Arbeitstitel »Genesis« haben Jowood und Spellbound ersetzt, nun gibt die Unterzeile »Arcania« einen neuen Fingerzeig. Nämlich auf den Schwerpunkt, um den sich sowohl die Handlung als auch die Spielmechanik drehen werden: die Magie. Deren Stellenwert steigt. Und ihre Macht wächst, vor allem bei der Einflussnahme auf die Natur. So bekommen Gothic-Spieler nun Gewalt über das Wetter und die Zeit. Das hat faszinierende Implikationen, denn solcherlei Hexenkunst taugt kaum zum schlichten Kampffeuerwerk, aber lässt sich taktisch einsetzen. Wer zum Beispiel Nebelbänke heraufbeschwört, reduziert die Sichtweite von Feinden drastisch, huscht an potenziell gefährlichen Situationen vorbei oder greift aus dem Hinterhalt an. Ein magischer Wolkenbruch scheucht misstrauische Wachen in trockene Unterstände, blockierte Stellen werden plötzlich passierbar. Mit dem Zauberbuch sollen Sie sogar die Zeit vordrehen dürfen, sodass die Nacht über die Südlichen Inseln hereinbricht und sich Stadtbewohner schlafen legen - ein Paradies für Diebe. Und ein Bekenntnis zu spielerischer Handlungsfreiheit: »Jede Situation lässt sich auf verschiedene Weise lösen«, verspricht Michael Kairat.
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