Toller Humor trifft auf abstruse Rätsel

Rezension: „Deponia“ – Version 4.0.1386 – Plattform: Steam

von ModuGames am: 14.09.2021

Ab und zu reizt es mich, in Sachen Videospiele neue Pfade zu beschreiten und mich Genres anzunähern, mit denen ich eher weniger Erfahrung habe. Klassische Point-and-Click-Adventures sind so ein Genre. Und als ich neulich auf Steam meinen pile of shame begutachtet habe, sprang mir dieses Deponia ins Auge. Ich stürzte mich unbefangen in das Abenteuer, das unter anderem schon als das deutsche Monkey Island beschrieben wurde, und habe viele gute, aber auch einige schlechte Erfahrungen damit gemacht.

Auf nach Elysium!

Verwegener Abenteurer, genialer Erfinder, Frauenschwarm – so würde sich unser Protagonist Rufus wohl selbst beschreiben. Dummerweise halten seine Mitmenschen im kleinen Dorf Kuvaq nicht viel von ihm, besticht er in ihren Augen doch durch Faulheit, verrückte Experimente und Egoismus. Kuvaq befindet sich auf dem Planeten Deponia, der – man kann es sich bestimmt schon vorstellen – eine einzige große Müllhalde ist. Das Leben ist unspannend, aber es geht voran. Unser Rufus möchte sich mit dieser Monotonie jedoch nicht abfinden. Sein Ziel: die Stadt Elysium, in der das Leben ein Paradies sein soll. Er baut sich eine Rakete und düst davon, doch statt in Elysium zu landen, verschlägt es uns auf einen Kreuzer des bösen „Organon“.

Rufus' Rakete funktioniert nicht ganz wie geplant. Dennoch gibt es Grund zur Freude, denn so lernt er die Elysianerin Goal kennen.

Wir treffen die Elysianerin Goal, in die sich Rufus sofort verliebt, und befreien sie aus den Fängen des Organon. Daraus entspinnt sich dann eine Geschichte, in der Rufus unter Beweis stellt, dass er doch nicht ganz so selbstverliebt und egoistisch ist, wie alle dachten. Trotz dieser netten Charakterentwicklung bleibt Rufus natürlich immer in gewisser Weise ein Antiheld, was aber auch etwas Gutes ist. Gerade die Diskrepanz zwischen Rufus' Selbstwahrnehmung und dem, was er tatsächlich tut, führt zu den lustigsten Momenten des Spiels.

Fragwürdige Rätsel, unterhaltsame Dialoge

Apropos: Der Humor von Deponia ist die mit Abstand größte Stärke des Spiels. Mit viel Selbstironie und Sarkasmus verfasste Dialoge sorgen für regelmäßiges Schmunzeln, das ein oder andere Mal musste ich sogar laut lachen. Das passiert mir in Videospielen fast nie, also muss Deponia wohl etwas richtig machen. Ein weiteres Highlight des Spiels sind die Gesangseinlagen von Daedalic-Studiochef Jan Müller-Michaelis, der als „Erzähler“ auftritt. Bezüglich der Erzählung sollte man allerdings anmerken, dass Deponia ganz klar als mehrteilige Reihe angelegt ist. Wer in diesem Spiel einen befriedigenden Abschluss der Geschichte erwartet, wird nicht glücklich werden.

Im Inventar sehen wir unsere Gegenstände und können sie miteinander kombinieren. Manchmal ist die Lösung simpel, stellenweise ist aber auch trial and error angesagt.

Spielerisch handelt es sich bei Deponia um ein relativ gewöhnliches Point-and-Click-Adventure. Wir steuern unsere Spielfigur per Mausklick durch verschiedene Bildschirme, sammeln Items auf, kombinieren Gegenstände im Inventar und lösen Rätsel. Das funktioniert auch alles gut, wenn da nicht eine Sache wäre: das Rätseldesign. Ein erheblicher Teil der Knobelaufgaben in Deponia ist leider nur schwer zu durchschauen und ohne wildes Ausprobieren fast nicht zu lösen. Nach einigen Stunden Spielzeit (ich habe etwa sieben Stunden gebraucht, um Deponia abzuschließen) hatte ich immer eine Komplettlösung in Reichweite liegen, da mir die Geduld mit den Rätseln ausgegangen ist. Zugegeben: Ich bin mit den Konventionen dieses Genres nicht sehr vertraut. Jemand mit mehr Adventure-Erfahrung käme mit den Rätseln bestimmt besser klar. Dennoch fände ich es sehr schön, wenn Deponia mehr tun würde, um Neulingen das Leben zu erleichtern, zum Beispiel könnte Rufus uns durch Monologe in die richtige Richtung lenken.

Im Tutorial beschwert sich Rufus darüber, dass er gar keine Tutorials mag. Deponia ist herrlich selbstironisch und durchbricht gerne die vierte Wand.

Da verwundert es umso mehr, dass man alle Minispiele grundsätzlich überspringen kann, wenn man das denn will. Ein Minispiel besteht etwa darin, aus mehreren Komponenten ein Ersatzteil für einen fahrbaren Untersatz zusammenzubauen. Nicht dass ich mich über die Funktion zum Überspringen beschweren wollte – manche Minispiele fallen in die Kategorie „eher schlecht als recht“ –, aber es wirkt inkonsequent. Loben wiederum muss ich die grafische Gestaltung von Deponia. Der 2D-Comic-Look passt hervorragend zum Ton des Spiels und hat mich im Übrigen wohlig an an Monkey Island 3 erinnert. Lediglich der Umstand, dass manchmal die Gesichtsanimationen aussetzen, obwohl eine Figur noch spricht, ist sehr unschön. Die Sprecher sind indes sehr gut und der Soundtrack ist ganz nett, wenn auch sehr repetitiv.

Fazit

Mein Ausflug auf die Müllhalde stellt sich als Erfolg heraus: Deponia ist ein grundsolides und vor allem sehr lustiges Adventure, das man Fans des Genres ohne Probleme empfehlen kann (obwohl diese es ohnehin schon kennen). Schwieriger wird es da schon bei Neueinsteigern wie mir, die vom Rätseldesign überfordert sein könnten. Wer keine Scheu hat, sich ab und zu Hilfe bei einer Komplettlösung oder einem YouTube-Video zu suchen, kann mit Deponia aber dennoch Spaß haben. Mein Interesse ist jedenfalls geweckt und ich werde mir die restlichen Serienteile zu gegebener Zeit ebenfalls anschauen.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



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