Es hätte so großartig sein können

Rezension: „Batman: Arkham Knight“ – Plattform: Steam

von ModuGames am: 13.11.2021

Hier finden Sie meine bisherigen Rezensionen zu den Spielen der Batman: Arkham-Reihe:

2015 ging die Arkham-Serie in die vierte und letzte Runde. Doch statt Warner Bros. Games Montreal, die sich für Arkham Origins verantwortlich zeichneten, wurde der letzte Serienteil namens Arkham Knight vom Kernstudio Rocksteady entwickelt. Das Serienfinale erschien jedoch im unfertigen Zustand: Schwerwiegende Bugs zogen die Wertungen von Fans und der Presse nach unten. Doch wie spielt sich Arkham Knight sechs Jahre nach seiner Veröffentlichung?

Ein letztes Abenteuer

Einige Monate sind nach dem Ende von Arkham City vergangen, doch Gotham kommt immer noch nicht zur Ruhe. Der Bösewicht Scarecrow hat ein Toxin entwickelt, das Menschen verrückt werden und sich gegenseitig umbringen lässt, und droht, dieses in Gotham freizusetzen. Folglich werden die meisten Bürger evakuiert, was dazu führt, dass Gotham City zum Spielplatz für allerlei Superschurken wie Two-Face, den Pinguin und den Riddler wird. Zum Glück gibt es ja noch Batman, der die Stadt nicht aufgegeben hat und den Kriminellen, allen voran Scarecrow, das Handwerk legen will. Unterstützt wird er dabei von seinen Mitstreitern Commissioner Gordon, Oracle und Robin. Diese Hilfe hat er auch dringend nötig, denn mit dem Arkham Knight wird ein neuer Bösewicht eingeführt, der nicht nur persönliche Probleme mit Batman hat, sondern auch eine ganze Privatarmee mitbringt, die die Kontrolle über die Stadt an sich reißt.

Im Prolog des Spiels schlüpfen wir in die Rolle eines Polizisten, der mit Scarecrows Toxin infiziert wird – wie auch die anderen Gäste dieser Bar. Da herrscht richtig Stimmung!

Die Geschichte von Arkham Knight hat jedoch einige Probleme, welche dazu führen, dass ich die Handlung für die schlechteste der Reihe halte. Kritikpunkt Nummer eins: der Antagonist. Der Arkham Knight ist nur auf dem Papier ein spannender Gegenspieler, in der Praxis stellt er sich als ausgesprochen unbedrohlich und inkompetent heraus. Er erinnert mich an Kylo Ren aus „Das Erwachen der Macht“, der auch als badass villain vorgestellt wurde, nur um dann aufgrunds seines Temperaments und seiner Unfähigkeit zum Ziel gehässiger Memes zu werden. Mit dem Arkham Knight geht auch ein Plottwist einher, den man aber meilenweit kommen sieht. Einem Joker als primären Gegenspieler kann das Ritterchen einfach nicht das Wasser reichen.

Das richtige Ende! Diesmal aber wirklich!

Problem Nummer zwei: die Länge der Haupthandlung. Mit etwa 12 Stunden erwartet uns in Arkham Knight die mit Abstand längste Geschichte der Serie. Das merkt man ihr auch stark an, allerdings im negativen Sinne: Hier wird eine story, die man normalerweise in einem, vielleicht zwei Kinofilmen erzählen würde, auf ein Dutzend Stunden aufgebauscht. Die Geschichte biegt auf unzählige Tangenten ab und nimmt oft genau zum falschen Zeitpunkt die Luft raus, um uns doch noch etwas länger hinzuhalten. Nicht falsch verstehen: In ihren besten Momenten kann die Handlung durchaus unterhalten und ist stellenweise überraschend emotional, allerdings wollte ich beim Spielen vielmals die Hände vorm Kopf zusammenschlagen und laut „Och nööö“ rufen, wenn mir wieder einmal offensichtlicher filler content vor die Füße geworfen wurde.

Das bringt uns zu einem anderen Punkt: Die Nebenmissionen werden nun in der Haupthandlung begonnen, aber außerhalb von ihr zu Ende geführt. Die Nebenaufgaben werden alle in der sogenannten „Fahndungsliste“ zusammengefasst. Zum Beispiel müssen wir Banküberfälle von Two-Face verhindern, eine Mordserie aufklären oder Firefly durch die Straßen Gothams verfolgen. Das klingt erst einmal spannend, aber jede dieser side quests besteht aus mindestens (!) drei Teilen, in denen wir jedes Mal dasselbe machen müssen. Das fällt dem Spiel auf die Füße, denn obwohl der erzählerische Rahmen oft gar nicht schlecht, führt der hohe Grad an Repetition oft zu Langeweile.

Die offene Welt entspricht wieder einmal nicht wirklich meinem Geschmack: zu eintönig, zu beliebig. Ein Schnellreisesystem wie in Arkham Origins gibt es übrigens nicht mehr, was ich aber gut finde.

Dumm nur, dass man alle Aufgaben auf der Fahndungsliste erfüllen muss, um das wahre Ende des Spiels zu erleben, was allerdings nicht transparent kommuniziert wird. Es lief in etwa so ab: Arkham Knight sagte mir, dass ich nur einen bestimmten Prozentsatz der Nebenmissionen abschließen muss, um die finale Cutscene freizuschalten. Obwohl ich kein Fan dieser Praxis bin, hielt ich den Prozentsatz noch für relativ human und machte mich ans Werk. Gesagt, getan, die letzte Zwischensequenz flackerte über den Bildschirm. Danach wurde mir allerdings mitgeteilt, ich müsse alle Nebenaufgaben beenden, um das wirklich wahre Ende (diesmal aber echt!) sehen zu können. Da kam ich mir schon extrem übers Ohr gehauen vor und habe das Spiel seitdem auch nicht mehr angefasst.

So hübsch war Batman noch nie!

Unterm Strich gibt es in Arkham Knight extrem viel zu tun, weit mehr als in den Vorgängern. Folglich gibt es auch viel mehr Möglichkeiten, Erfahrungspunkte und damit auch Levelaufstiege zu erlangen. Deshalb haben die Entwickler das Skillsystem angepasst: Je weiter wir einen Fähigkeitenbaum vorantreiben, desto teurer werden die neuen Talente. Heißt im Klartext: Der Fortschritt wird immer langsamer. Das ist ein Novum in der Serie und ich bin mir bis heute nicht sicher, ob es diese Änderung wirklich gebraucht hätte. Auch das Hinzufügen von noch mehr Open-World-Krimskrams (Basen einnehmen, Minen entschärfen etc.) fällt für mich in die Kategorie „Und wer hat das jetzt eigentlich gewollt?“. Dafür kann ich andere Aspekte des Gameplays ausdrücklich loben.

Am besten sieht das Spiel aus, wenn es regnet. Und es regnet sehr oft.

Dazu gehört etwa das Kampf- und Bewegungssystem. Batman bewegt sich so flüssig wie noch nie durch die Spielwelt. Fliegen, klettern usw. funktionieren einwandfrei. Durch ein Upgrade für den Batsuit können wir ab sofort das „Angst-Ausschalten“ einsetzen, mit dem wir mehrere Gegner auf einmal eliminieren. Das macht schon allein optisch richtig viel her. Generell legt Arkham Knight den größten grafischen Sprung der Serie hin, größer noch als damals von City zu Origins. Für das Jahr 2015 sieht das Spiel wirklich fantastisch aus und selbst heute braucht es sich nicht zu verstecken. Glücklicherweise wurden die Bugs, die das Spiel zu seiner Veröffentlichung plagten, weitgehend ausgemerzt. Das Spielerlebnis ist heutzutage sehr flüssig, abgesehen von ein paar Framerate-Einbrüchen.

Die Kämpfe: noch ein bisschen besser

Auch das große Aushängeschild der Serie, das Freeflow-Kampfsystem, hat einige kleine Änderungen spendiert bekommen. Wie auch bei der generellen Bewegung laufen die Kämpfe flüssiger und nachvollziehbarer ab als zuvor. Das ist auch bitter nötig, denn in Arkham Knight bekommen wir es mit einer Reihe neuer Gegner zu tun. Da wäre etwa der Minigun-Schütze, der ordentlich einsteckt, gleichzeitig aber richtig viel austeilt. Auch die Kampfkünstler-Ninjas halten uns auf Trab, doch wir sollten uns vor allem vor den Sanitätern in Acht nehmen. Die können ihre Kumpanen nicht nur unter Strom setzen (was uns bei Kontakt Schaden zufügt), sondern auch bewusstlose Gegner wiederbeleben. Fies!

Auch im vierten Serienteil machen die Kämpfe immer noch richtig Spaß – also dem Spieler, nicht so sehr unseren Gegnern.

Damit spielen sich die Kämpfe taktischer als früher. Wir brauchen nicht nur gute Reflexe und das Wissen über die richtigen Tastenkombinationen, sondern sollten auch immer einen groben Schlachtplan im Hinterkopf haben. So ist es ratsam, Sanitäter zuerst auszuschalten und sich erst dann den schwächeren regulären Gegnern zu widmen, um sich schlussendlich vollkommen auf die Minigun-Schützen konzentrieren zu können. Gepaart mit den Gadgets, die so cool wie eh und je sind, entstehen dabei viele spaßige Kloppereien.

Das Badmobil

Weniger spaßig ist die größte Neuerung von Arkham Knight: das Batmobil. Neuerdings ist der Dunkle Ritter nämlich nicht nur zu Fuß unterwegs, sondern kann auch mit seinem fahrbaren Untersatz durch die Open World von Gotham City heizen. Das Batmobil sieht nicht nur fantastisch aus – sich per Schleudersitz aus dem Cockpit zu katapultieren, hat schon echt Stil –, es ist auch stellenweise wirklich intelligent in die Rätsel der Haupthandlung eingebunden. So müssen wir etwa Hindernisparkoure bewältigen oder mit der Winde des Fahrzeugs einen Aufzug bewegen. Da hilft die Fernsteuerung des Batmobils enorm.

Spielerisch ist das Batmobil eher mau, dafür macht es optisch richtig was her. Wenn man mit dem ein oder anderen Framerate-Einbruch leben kann.

Weniger schön sind hingegen die Kämpfe, die man mit dem Fahrzeug bestreiten muss. Die Privatarmee des Arkham Knight besteht nämlich aus augenscheinlich mehreren hundert Drohnen-Panzern, die uns alle ans Leder wollen. Glücklicherweise ist das Batmobil schwer bewaffnet und im Kampfmodus auch noch außerordentlich wendig. Wenn die Drohnen auf uns schießen, wird die Flugbahn der Projektile mit einer Art Laserstrahl vorweggenommen. Wir müssen also nur noch ausweichen, wenn so ein Strahl auf uns gerichtet ist. Klar, ab und an werden uns auch Raketen entgegengefeuert, allerdings kann man diese spielend einfach abschießen. Jedenfalls stellen sich die Kämpfe als sehr langweilig und formelhaft heraus: ausweichen, einen oder zwei Schüsse abgeben, täglich grüßt das Murmeltier. Dummerweise setzt Arkham Knight die Straßenschlachten dermaßen inflationär ein, dass der Spielspaß signifikant gemindert wird.

Fazit

Eines möchte ich vorweg sagen: Arkham Knight ist ein sehr gutes Action-Adventure. Ich würde sogar behaupten, dass wir es hier aus rein mechanischer Sicht mit dem besten Teil der Serie zu tun haben. Gerade die Kämpfe und die allgemeine Fortbewegung funktionieren so gut wie noch nie. Gepaart mit der tollen Grafik und dem hohen Umfang (der aber auch teilweise kritisch zu betrachten ist) entsteht ein überzeugendes Gesamtpaket. Für eine Wertung im hohen 80er oder gar 90er Bereich reicht es dann aber doch nicht. Vor allem die trivial-langweiligen Batmobil-Passagen schlagen aufs Gemüt. Auch die Haupthandlung wirkt unnötig gestreckt und verliert daher oft an Spannung. Das ist ausgesprochen schade, denn Arkham Knight hatte ganz klar das Potenzial, ein großartiges Spiel zu werden. So ist es eben nur „sehr gut“.


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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