Die Sprache der Pottwale soll so komplex sein wie unsere und jetzt wollen Forscher sie endlich übersetzen

Project CETI könnte bald die vermutlich komplexeste Sprache neben unserer entschlüsseln: die der Pottwale.

Das ambitionierte Ziel der Project CETI-Forscher: Mit Pottwalen kommunizieren. (Bild: Project CETI) Das ambitionierte Ziel der Project CETI-Forscher: Mit Pottwalen kommunizieren. (Bild: Project CETI)

Seit Beginn der Menschheitsgeschichte träumen wir davon, mit den anderen Bewohnern unseres Planeten zu kommunizieren.

Von den frühesten Höhlenmalereien, die Menschen und Tiere Seite an Seite zeigen, bis hin zu den mythischen Geschichten, in denen Tiere sprechen und Weisheiten teilen, spannt sich der Bogen von diesem uralten Wunsch. 

Unter all diesen faszinierenden Kreaturen verbergen die Pottwale vielleicht das größte Geheimnis. Diese Giganten der Meere nutzen eine Form der Kommunikation, die in ihrer Komplexität möglicherweise unserer eigenen Sprache ähnelt – ein Mysterium, das bis heute ungelöst geblieben ist. 

Jetzt könnte der Traum endlich Wirklichkeit werden - dank KI. Die Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens bieten plötzlich unerreichte Möglichkeiten für die Übersetzung von unbekannten Sprachen.

Was einst als Domäne der Fantasie galt, steht nun dank KI vor der Tür der Realität: eine direkte Kommunikation zwischen Mensch und Tier.

KI-generierter Inhalt

Das Wichtigste in Kürze

  • Pottwale nutzen komplexe Kommunikation ähnlich unserer Sprache
  • Forschungsprojekt CETI nutzt KI zur Sprachübersetzung
  • Datenmassen werden gesammelt, um KI-Modelle zu trainieren
  • Herausforderungen: Datenbeschaffung, Konzepte ohne Vergleichbarkeit, ethische Bedenken
  • Ziel: Verständnis und Kommunikation mit Pottwalen für Naturschutz und Forschung

Wie kommunizieren Pottwale? Sprechen sie eine Sprache?

Pottwale nutzen tatsächlich eine komplexe Form der Kommunikation, die als Sprache bezeichnet werden kann. Diese besteht aus einer Vielzahl von Klicklauten, Pausen und Mustern.

Forscher vermuten, dass jedes Wort aus einer fest definierten Abfolge von diesen Klicks besteht - solche bezeichnet man als Coda. 

Einfach ausgedrückt: Pottwale verwenden eine Sprache, die man mit unserer Morse-Sprache vergleichen könnte.

Die Wale verwenden diese Klick-Sprache, um sich sozial auszutauschen und Informationen innerhalb der Gruppe zu vermitteln. 

Pottwale leben in Gruppen und Clans. Viele von ihnen haben einen eigenen Dialekt. (Bild: Willyam über Adobe Stock) Pottwale leben in Gruppen und Clans. Viele von ihnen haben einen eigenen Dialekt. (Bild: Willyam über Adobe Stock)

Interessanterweise haben Forschungen ergeben, dass Pottwale sogar über Dialekte verfügen, die je nach Region und Gruppe variieren können.

Einige Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass es Pottwal-Cliquen gibt, die einen eigenen Slang entwickelt haben, weil die Ozeanriesen wie wir die Sprechweise von Gleichgesinnten übernehmen.

Noch erstaunlicher ist die Tatsache, dass junge Pottwal-Babys die komplexe Sprache ihrer Familie erst erlernen müssen - genau wie bei Menschenbabys. Sie brauchen etwa zwei Jahre, bis sie anständig sprechen können. Davor plappern sie nur in einer unverständlichen Babysprache. 

Wegen dieser Gründe vermuten Wissenschaftler, dass die Sprache der Pottwale eine ähnliche Komplexität wie unsere haben könnte - und die soll jetzt übersetzt werden.

Wie Forscher jetzt KI nutzen, um die Sprache zu dekodieren

So sieht die Vorgehensweise von Project CETI auf einem Bild aus. (Bild: Sciencedirect) So sieht die Vorgehensweise von Project CETI auf einem Bild aus. (Bild: Sciencedirect)

Für die Dekodierung und Übersetzung wurde das Nonprofit-Unternehmen Project CETI von David Gruber und Shane Gero ins Leben gerufen. Heute besteht es aus über 50 Wissenschaftlern, darunter KI-Experten, Robotiker, Meeresbiologen und Linguisten. 

Zuerst müssen Daten gesammelt werden: Seit mehr als 20 Jahren fährt Shane Gero mit seinem Boot auf offene See und nimmt mit einem Unterwassermikrofon die Gespräche von Pottwalen auf. Obwohl er schon viele Daten sammeln konnte, ist er mit einem Problem konfrontiert, dass er das Zahnarztpraxen-Problem nennt. 

Wenn ein Sprachforscher jahrelang eine Sprache nur an einem Ort aufnimmt, wie zum Beispiel in einer deutschen Zahnarztpraxis, könnte man zu dem Schluss kommen, dass das Wort Wurzelbehandlung ein Grundpfeiler der deutschen Sprache sei. 

Mit Project CETI soll die Sammlung von Daten drastisch erhöht werden. Für das Aufnehmen der Pottwal-Codas kommen Drohnen, Roboterfische und hunderte stationär installierte Unterwassermikrofone zum Einsatz.

Dank des Forschungsprojekts können 400.000-mal mehr Daten gesammelt werden, als Gero es alleine in einem Jahr konnte. 

Project CETI-Forscher lassen eine Drohne für das Sammeln von Daten aufsteigen. (Bild: Project CETI) Project CETI-Forscher lassen eine Drohne für das Sammeln von Daten aufsteigen. (Bild: Project CETI)

Was passiert mit den Daten?

Die unzähligen Pottwal-Gespräche sollen dafür verwendet werden, ein KI-Sprachmodell zu trainieren. Ihr könnt euch das etwa vorstellen wie ChatGPT, das mit einer riesigen Menge an menschlicher Sprache trainiert wurde. 

Früher war es nahezu unmöglich, eine Sprache in eine andere zu übersetzen, von der wir nichts wissen und zu der es keine Vergleichbarkeit gibt. Das hat sich mit dem Fortschritt bei maschinellem Lernen geändert.

Anstatt zu versuchen, ein Wort in ein anderes zu übersetzen, können die KI-Sprachmodelle nach Muster Ausschau halten. 

Das Wort König wird in jeder Sprache eine ähnliche Korrelation zum Wort Königin haben. Oder Heiß wird in jeder Sprache das Gegenteil von Kalt sein. Das Ziel von Project CETI ist es, diese Ähnlichkeiten ausfindig zu machen, um sie so in der Menschensprache verständlich zu machen. 

Das erhoffte Endergebnis von Project CETI

Wir verstehen die Sprache der Pottwale und können vielleicht sogar mit ihnen kommunizieren. So können wir besser für den Fortbestand der Ozeanriesen sorgen und mehr über die intelligenten Tiere erfahren. Die Forschungsergebnisse könnten zukünftig auf die Dekodierung anderer Tiere angewendet werden.

David Gruber, einer der zwei Gründer von Project CETI erklärt euch in diesem YouTube Video auf dem TED-Kanal, seine Vision für das ambitionierte Wissenschaftsprojekt:

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Welche Probleme gibt es dabei? 

Es ist eine riesige Menge an Daten notwendig: Einer der größten Herausforderungen von Project CETI ist das Sammeln von Daten. Nicht nur ist es logistisch gesehen herausfordernd, weil Pottwale eben in den Ozeanen leben und nicht gerade Bibliotheken mit Büchern füllen, sondern auch von der Menge her.

Damit ChatGPT so gut funktionieren kann, musste es mit Milliarden von Wörtern trainiert werden. Die CETI-Forscher stehen vor der großen Herausforderung, genügend Pottwal-Gespräche zu sammeln, damit ihr Sprachmodell theoretisch die Sprache der Wale erlernen kann. 

Konzepte verstehen, für die wir kein Konzept haben: Die nächste große Herausforderung ist das Übersetzen von Pottwal-Sprache in unsere. Das große Problem dabei besteht, dass es sehr wahrscheinlich Wörter gibt, für die uns Menschen keinen Sinn ergeben oder für die wir kein Konzept haben.

Und andersrum genauso: Wir können keinen Wal fragen, wie lange er für eine bestimmte Schwimmstrecke gebraucht hat, wenn er kein oder nicht dasselbe Verständnis von Zeit hat wie wir. 

Dann ist es die Aufgabe des Sprachmodells Muster zu finden, die darauf deuten könnten, was ein Wort bedeuten könnte und ob es eine Überschneidung mit der menschlichen Sprache gibt. 

Ethische Bedenken: Bei Walen können die Forscher recht zuverlässig Daten sammeln, ohne zu sehr in das Ökosystem der Tiere eingreifen zu müssen. Doch wie kann man eine mögliche KI-Übersetzung testen, ohne die Aufnahme den Walen vorzuspielen? Was ist, wenn sie Fehler enthält und die Tiere dadurch ihr Verhalten verändern? 

Könnten zukünftige Walfänger KI missbrauchen, um illegal Jagd auf die Meeressäuger zu machen? Wer sollte überhaupt erlaubt sein, mit den Walen zu sprechen? Fragen wie diese sind noch komplett offen und ungeklärt. 

Das Letzte, was jeder von uns tun möchte, ist, in ein Szenario zu geraten, in dem wir zurückblicken und sagen, wie Einstein es tat: Wenn ich es besser gewusst hätte, hätte ich nie bei der Bombe geholfen.

Shane Gero, Mitbegründer von Project CETI.

Sehr spannend und bemerkenswert ist das Projekt aber dennoch. Weitere interessante Artikel aus dem Bereich der Wissenschaft findet ihr hier:

Wie steht ihr zu Project CETI? Glaubt ihr, dass Pottwale eine Sprache haben, die unserer in puncto Komplexität das Wasser reichen kann? Und wenn ja, welche Möglichkeiten würde das eröffnen, wenn wir sie verstehen würden? Sollten wir mit ihnen kommunizieren oder ist das vielleicht doch eine schlechte Idee? Schreibt uns eure Meinung dazu gerne in die Kommentare! 

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